Kolumne „Aus meinem Papierkorb“: Vom Sinn im Unsinn

Na, wenn das mal keine gute Nachricht ist: Am Freitag hat der als „Brocken-Benno“ bekannte Rekordwanderer Benno Schmidt seinen 88. Geburtstag gefeiert. Wo? Natürlich im Harz. Natürlich auf dem Brocken, wo ihm eine Urkunde über 8888 Aufstiege auf den mit 1141 Metern höchsten Berg im Norden übergeben wurde. Wegen einer schwerwiegenden Erkrankung habe man „Brocken-Benno“ allerdings mit einem Auto auf den Berg fahren müssen, berichtet die Deutsche Presseagentur. Manchmal, liebe Papierkorbfreunde, stellt sich die Sinnfrage überhaupt nicht, wenn man nur einen Brocken vor sich hat. So erging es auch dem schalkhaften antiken Helden Sisyphos, der die Götter derart narrte, dass sie ihn dazu verdammten, immer wieder einen Stein einen Berg hinaufzuschleppen, der, gerade am Gipfel angekommen, wieder herunterrollte. Auf ein Neues! Wir müssten uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen, hat ein Philosoph notiert. Vermutlich als „Brocken-Benno“ der Antike, obwohl Sisyphos niemals eine Urkunde über 8888 Aufstiege erhalten hat. Es gibt vermutlich nichts Sinnloseres als das Guinness-Buch der Rekorde, das beispielsweise unschuldige Kleinbauern dazu verleitet, Riesenkürbisse oder Riesengurken zu züchten, die in keinen Vorgarten mehr passen, oder Riesenpizzen, die jeden Teller sprengen. Doch sollte man Rekordhaltern nicht vorschnell mit Sinnfragen kommen, etwa wie viel Engel denn auf eine Nadelspitze passen würden. Die Antwort auf diesen mittelalterlichen Klassiker lautet übrigens: unendlich viele. Denn wir müssen uns Engel als immaterielle Wesen vorstellen... Politik ohne Maske: Kein guter Engel stand übrigens diese Woche an einem Berliner Lokal, aus dem FDP-Chef Christian Lindner nach einem Abendessen trat. Denn er fotografierte, wie Lindner – von allen guten Geistern und Hygieneregeln verlassen – einen befreundeten Diplomaten aus der Ukraine so herzte, wie es früher unter sozialistischen Brüdern üblich war, als die Ostzone noch existierte. Immerhin ist solch eine herzliche Umarmung ein Ausdruck von Zärtlichkeit in einer jetzt von Blockwarten und Denunzianten umstellten Welt... Die schönste Frage der Woche wurde übrigens dem Dressman unter den Herren im Bundeskabinett der Frau Merkel gestellt, nämlich Bundesaußenminister Heiko Maas. „Wie schaffen Sie es, immer so unfassbar gut auszusehen?“ wollte die Fragestellerin wissen. Und man konnte spüren, wie erfreut der Minister über diese Frage war. „Das liegt ausschließlich daran, dass es in der ARD so unfassbar gute Maskenbildnerinnen gibt, die einen vor der Sendung so anmalen“. entgegnete Maas. Ach, was wäre die Politik ohne Maskenbildnerinnen... Lesen Sie auch: Alle Kolumnen aus Michael B Bergers „Papierkorb“ Von Michael B. Berger