Niedersachsen: Weil sieht Corona-Impfschutz als Basis für Kampf gegen die Pandemie

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat die Bevölkerung zu Geduld im Umgang mit der Corona-Pandemie aufgerufen. „Es ist noch ein langer Weg, bis wir das Coronavirus hinter uns lassen“, sagte Weil am Freitag in einer Regierungserklärung vor dem niedersächsischen Landtag. Er hoffe aber, dass das Jahr 2021 „das letzte Corona-Jahr bleiben werde“. Hoffnung versprächen die Impfungen, vor allem die Zulassung des Präparates von AstraZeneca, die für Ende des Monats erwartet werde. Von diesem Impfstoff, der leichter als die anderen Präparate verabreicht werden kann, habe die Bundesrepublik 100 Millionen Dosen bestellt, was für 50 Millionen Einwohner reiche. „Eine geimpfte Gesellschaft muss vor dem Virus keine Angst mehr haben – das ist unser Ziel für dieses Jahr.“ Weil bittet um Verständnis für Pannen: Trotz ausbleibender Impflieferungen seien bereits 42 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner von Altenheimen geimpft worden, betonte Weil. Es habe viele Diskussionen darüber gegeben, dass 80-Jährige, die zu Hause lebten, möglicherweise zwei Einladungen zu Terminierungen von Impfungen bekämen. „Dabei geht es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch. Die Informationen sollen möglichst schnell erfolgen, aber auch vollständig auf Grundlage der Melderegister“, sagte Weil. Das Sozialministerium hatte zunächst nur einen Dienstleister mit dem Anschreiben der Senioren beauftragt, der aber nicht über alle Adressen verfügte. Nach heftiger Kritik wurden später die Kommunen einbezogen. Weil bat um Verständnis, dass es bei der Pandemiebekämpfung auch in Niedersachsen wie in anderen Ländern zu Pannen kommen könne. Er betonte gleichzeitig, dass Niedersachsen bei den Infektionszahlen deutlich besser dastehe als im Bundesschnitt. Lesen Sie auch Corona-Impfung: Land verschickt Hinweisbrief an toten Hannoveraner Corona-Impftermine: Nach vielen Pannen kommt nun Post von den Kommunen Weil erwartet frühestens Anfang Februar belastbare Daten über die Auswirkungen der neuen Virus-Varianten. Das Land dürfe daher nun nicht „in die Falle tappen“ und angesichts sinkender Fallzahlen verfrüht Lockerungen zulassen, betonte der Ministerpräsident. „Wenn du Licht am Ende des Tunnels siehst, bedenke, es könnte der nächste Zug sein“, sagte der Ministerpräsident und zitierte dabei ein amerikanisches Sprichwort. Grüne rügen lebensfremde Regeln: Als erster Oppositionsredner trat der Grüne Christian Meyer auf. Der frühere Landwirtschaftsminister kritisierte, dass immer noch zu wenige Menschen im Homeoffice arbeiteten. Als negatives Beispiel nannte er das Finanzministerium, dessen Mitarbeiter nur zu 22 Prozent von zu Hause aus arbeiteten, während etwa der Landesrechnungshof zu 100 Prozent digital arbeite. Viele der Kontaktbeschränkungen etwa für kleine Kinder seien „lebensfremd“ und kaum nachzuvollziehen, meinte Meyer. Er beklagte, dass die Regierung auch konstruktive Vorschläge der Opposition nicht aufgreife. FDP-Chef Stefan Birkner warf Weil vor, offensichtliche Pannen oder Fehler als vermeintliche Strategie zu bemänteln. Birkner nannte als Beispiel die Pannen bei den Impfeinladungen. Der Regierungschef tue immer so, als habe er mit alldem nichts zu tun, zitierte Birkner die Kritik eines Unionskollegen. Weil erkläre seine Politik viel zu wenig. Modder weist die FDP zurecht: SPD-Fraktionschefin Hanne Modder meinte, das Verlangen der Opposition nach einer langfristigen Corona-Strategie könne sie „ein Stück weit“ verstehen. Doch machten die Geschehnisse eine solche Strategie zunichte. Modder bezeichnete die Vorwürfe der FDP, es werde der Parlamentarismus ausgehebelt, als „unverschämt“: „Wir kommen Ihnen doch entgegen – es hat noch nie so viele Sitzungen des Sozialausschusses gegeben wie in letzter Zeit.“ Birkner entgegnete, der Landtag trete immer dann zusammen, wenn bereits alles beschlossen sei. Auch CDU-Landtagsfraktionschef Dirk Toepffer knöpfte sich die FDP vor. Wenn etwa deren Bildungsexperte Björn Försterling sage, entweder sei der Schulbesuch sicher, dann könne er stattfinden, oder er sei nicht sicher, dann dürfe er nicht stattfinden, dann sei dies in seiner Schlichtheit falsch. Es gehe stets um Risikoabwägungen – auch wenn der Landtag unter hohen Sicherheitsbedingungen zusammenkomme. „In jedem Bereich muss immer die Frage beantwortet werden: Ist es uns das Risiko wert?“ Diese Frage habe man sich auch bei der Teilöffnung der Grundschulen gestellt. Von Michael B. Berger