Wenn Fynn Kliemann loslegt, ist er konfus, planlos und meistens ziemlich leichtsinnig. Der selbst ernannte „Heimwerkerking“ stolpert vor der Kamera schon mal über seine Schubkarre, verheddert sich in selbst verlegten Stromkabeln und trifft beim Hämmern nicht den Nagel, sondern den Finger. Und wenn er freihändig die Kreissäge schwingt oder beim Schweißen die Funken sprühen, zuckt der Zuschauer seiner Internetvideos innerlich zusammen.
Vieles haut nicht auf Anhieb so hin, wie er es sich vorgenommen hat. Dann flucht der schlaksige 28-jährige Werbekaufmann aus Zeven (Kreis Rotenburg/Wümme) und das laut und ausgiebig. „Ich werd’ wahnsinnig!“ gehört da noch zu den jugendfreien Ausrufen. Aber Kliemann feiert sich und seine handwerklichen Ergebnisse auch gern. Und die Palette reicht vom eigenhändig ausgegrabenen Teich über die umständlich gemauerte Gartenmauer bis zu Couchtisch und Selfiestick.
Was sich der Niedersachse in den Kopf gesetzt hat, das baut er auch – passend zu seinem Motto: „Nicht nachdenken, einfach machen.“ Mit dieser Haltung und professionell gemachten Videos mit schnellen Schnitten und außergewöhnlichen Perspektiven seiner teils abenteuerlichen Bauprojekte wie etwa einer „Eierverschenkmaschine“ aus Pappkarton hat er auf der Videoplattform YouTube einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erlangt. Singen kann er auch noch – deshalb endet jedes Video mit einem selbst getexteten Rap. Das kommt vor allem bei der jungen Zielgruppe gut an. Die unterhaltsamen Heimwerker-Videos mit Titeln wie „Hühnerstall bauen“ oder „Baum fällen“ sind insgesamt mehrere Millionen Mal angeklickt worden.
Dabei kann von Zielgruppe eigentlich gar keine Rede sein. Denn Kliemann hatte nie vor, ein YouTube-Star zu werden. „Das ist aus Versehen passiert“, sagt der Zevener. Alles fing mit einem stark renovierungsbedürftigem Haus auf dem Land an. Das hat Kliemann gekauft und mithilfe von Freunden ordentlich aufgemöbelt. Immer dabei: die Kamera. Einen Teich, einen Hühnerstall, Gartenmöbel und eine Mauer – alles neu, alles Marke Eigenbau und alles sehr unkonventionell zusammengeschweißt. „Ich kann das eigentlich überhaupt nicht“, gibt der Heimwerkerkönig zu. „Ich schaffe es eben über Umwege.“
Eine Schwäche, die ankommt, denn aus den vielen Rückmeldungen geht hervor, dass sich vor allem junge Menschen diese unerschrockene Haltung zum Vorbild nehmen. Als Pädagoge versteht sich Kliemann deshalb noch lange nicht. Er mache die Videos nach wie vor nur für sich selbst, findet es aber schön, „wenn sich Leute davon angesprochen fühlen.“ Sonst würde sich der Zeitaufwand wohl auch kaum lohnen. Inklusive Planung dauert ein Dreh schon einmal bis zu sieben Tagen. Dabei kommen viele Stunden Videomaterial zusammen, die Kliemann selbst schneidet. „Das sind dann 12-Stunden Tage. Da muss man schon Bock drauf haben“, sagt er.
Geld verdient der 28-Jährige mit den Videos nicht. Er hat sogar die Werbung für seine Zuschauer abgeschaltet, obwohl ihm die aufgrund der Anzahl der Klicks schon eine gewisses Zubrot eingebracht hätte – weil es ihn selbst stören würde. Und seine Fans danken es ihm, wie die Kommentare unter den Clips zeigen. Einer schreibt treffend: „Wie kann man den sympathischen Chaoten nicht mögen?“
Der YouTube-Kanal des Heimwerkerkönigs aus Zeven ist unter www.youtube.com/user/xmostimportant zu sehen.
Von Gerko Naumann