Vergabepanne: Neubau der Uni-Klinik in Göttingen wird neu ausgeschrieben

Der geplante Neubau der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) könnte sich weiter verzögern. Nach HAZ-Informationen hat die UMG in Absprache mit dem Wissenschaftsministerium das Ausschreibungsverfahren für den Neubau eine Bettenhauses und eines zentralen Operationstraktes gestoppt. Damit liegt das Milliarden-Projekt auf Eis und dem Land drohen Klagen der Bieter. Im März hatte das Ministerium bereits die Auszahlung von rund 100 Millionen Euro für den ersten Bauabschnitt abgelehnt. Angeblich hatte der Antrag der UMG diese Summe überstiegen. Aufhebung der Ausschreibung: Die UMG wird demnach am heutigen Mittwoch die Aufhebung der bisherigen Ausschreibung für den ersten Bauabschnitt öffentlich machen. Zugleich will offenbar Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) den Wissenschaftsausschuss des Landtags über die Entwicklung informieren. Ministeriumssprecherin Heinke Traeger sagte auf HAZ-Anfrage, dass Uni-Klinik, Ministerium und die vom Land gegründete Dachgesellschaft für die Bauvorhaben der Hochschulmedizin in Niedersachsen aktuell „über das weitere Vorgehen“ beraten würden. Die UMG hatte im Juli 2018 in einem Verhandlungsverfahren die Planungen für den Neubau eines Bettenhauses und eines neuen Zentral-OPs mit weiteren Funktionsbereichen europaweit ausgeschrieben. Gesucht wurde damals ein Generalunternehmer für eine sogenannten „Zwei-Haus-Lösung“. Das heißt, die beiden Bauabschnitte werden nacheinander gebaut. Darüber soll es in der Folgezeit Streit zwischen der Uni-Klinik und der Dachgesellschaft gegeben haben, weil die UMG den Bettenhaus-Neubau mit dem Bau des OP-Zentrums verknüpfen wollte: die so genannte „Ein-Haus-Lösung“. „Ein-Haus-Lösung“ besser: Nach HAZ-Informationen hatten mehrere renommierte Bau- und Planungsfirmen bis Juli 2019 Angebote für die „Zwei-Haus-Lösung“ ausgearbeitet. Bei den Verhandlungen sollen die Bieter auch Konzepte für eine „Ein-Haus-Lösung“ vorgeschlagen haben. Dabei soll sich bereits gezeigt haben, so heißt es jetzt, dass der gemeinsame Bau „klinisch, technisch und organisatorisch“ die bessere Lösung ist. Das Wissenschaftsministerium kennt die Probleme wohl schon länger. Im Januar dieses Jahres soll Thümler ein externes Gutachten in Auftrag gegeben haben, das offenbar unter anderem klären sollte, ob zwei verschiedene Ausschreibungen für die beiden Bauabschnitte möglich sind. Das scheint aber wohl rechtlich zu heikel. Baubeginn verzögert sich: In der Landesregierung rechnet man jetzt damit, dass Bieter die bisher erbrachten Leistungen in Rechnung stellten könnten. Von einem sechsstelligen Betrag oder sogar bis zu einer Million Euro ist die Rede. Der Baubeginn könnte sich durch die Vergabepanne demnach um ein Jahr verzögern. Ursprünglich sollte der 1,1 Milliarden teure Neubau der UMG bis 2027 stehen. Auf den geplanten Neubau der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat die Entwicklung in Göttingen laut Ministerium keine Auswirkungen. Die UMG hat allerdings noch ein weiteres Problem: Einnahmeausfälle durch die Corona-Krise. Diese hätten sich aus Rechtsverpflichtungen ergeben, geplante Operationen auszusetzen und in erheblichem Umfang Betten freizuhalten, sagte Traeger. Demnach hat das Land rund 40 Millionen Euro vorgeschossen, um die Zahlung von Gehältern und andere Ausgaben zu sichern. Aus dem Corona-Hilfspaket des Landes bekommt die UMG jetzt noch einmal rund 23,7 Millionen Euro. Uni-Klinik und Ministerium gingen davon aus, „dass die Liquidität gesichert sei“, sagte Traeger. Von Marco Seng