Autokultur in Hannover: Glasperlenspiel und Mousse T. sorgen für Disco im Auto

Das Auto nebenan wackelt bedenklich. Es muss gute Stoßstangen haben. Das Dach ist aufklappbar, aber geschlossen. So wird das Auto zum virusfreien Club für zwei tanzverrückte Personen. Mit Discolicht und federndem Dancefloor. Und Warnblinker im Dauereinsatz zum Discorhythmus. Allerdings: Mit ihrem exklusiven Disco-Mobil sind die beiden Nachbarn recht allein unter den motorisierten Anhängern der beiden Acts Glasperlenspiel und Mousse T. im Rahmen der Autokultur auf dem Schützenplatz am Sonnabendabend. Aber wer Spaß haben will, kann dies auch in der Familienkutsche. „Ich bin ich“ bis „Geiles Leben“: „Ich will eure Autos wackeln sehen. Also bewegt euren Popo. Popo hoch. Popo runter“, ruft Sängerin Carolin Niemczyk von Glasperlenspiel aufgekratzt. Auch wenn dies ein wenig viel verlangt ist, gehupt und geblinkt wird viel in dem 40-minütigen Hitparaden-Feuerwerk, das DJ Daniel Grunenberg und Sängerin Niemczyk alias Glasperlenspiel im Halbplayback abfeuern. Füllmaterial müssen sie gar nicht erst einbauen, die Liste ihrer Hits ist so lang, dass sie locker ihr kurzes Set füllen: von „Ich bin ich“ über „Mein Schloss“, „Das Krasseste“, „Immer da“ bis zum unvermeidlichen „Geiles Leben“. Passend zum Abend streuen sie auch noch ein recht sterile Version des Siebzigerjahre-Discoklassikers „Low Rider“ der Funk-Band War ein. Unter „Low Rider“ versteht der US-Autonarr tiefergelegte Autoboliden mit besonders hüpffähiger Federung. Etwas, was in Hannover Seltenheitswert hat. Aber bei der Autokultur Sinn machen würde. Mousse T. spielt natürlich seine Hits: Nahtlos an den Auftritt von Glasperlenspiel knüpft Hannovers größter Dance-Exportschlager, Remixer und DJ, Mousse T. an – ganz allein an zwei CD-Playern, einem Mischpult und einem Keyboard. Sein Auftritt ist ein DJ-Set in der Tradition großer Discomixer wie Larry Levan oder Francois Kervorkian. Discoklassiker von Chaka Kahn bis Boney M., Remix- und House-Klassiker aus dem eigenen Oeuvre des Meisters (darunter zwei frisch im Lockdown produzierte Weltpremieren) und natürlich seine beiden Hits „Horny“ und Sex „Bomb“ (mit Tom Jones) mischt der selbst ernannte „Gourmet de Funk“ mit viel Fingerspitzengefühl an- und übereinander. Mixender DJ auf der Leinwand: Musik, zu der sich Bilder von schwitzenden Leibern und flackernden Stroboskoplichtern fast aufdrängen. Was man aber sieht, ist ein 100 Meter entfernt mixender DJ auf Leinwand mit vor ihm blinkenden Autos. Der gute Sound aus der Autoanlage auf Frequenz 93,5 mag diesen Eindruck nur leidlich ausgleichen. Aber dass Disco im Auto auch Spaß machen kann, zeigen die Nachbarn im wackelnden Auto. Und der ewig sonnig gelaunte Mousse T., der mit dem Hit „Love is in the Air“ den Abend mit positiven Schwingungen beendet. Lesen Sie auch: So ist das Autokino am Messegelände – ein Selbstversuch mit drei Töchtern Weitere Veranstaltungen in der Reihe Autokultur Hier gibt es die Ticket Von Bernd Schwope