Hannover: Museum August Kestner zeigt August der Starke und das Porzellan

Um seine Gestalt ranken sich Legenden wie um kaum einen zweiten Herrscher seiner Zeit. August der Starke, geboren vor 350 Jahren, gilt mit seiner üppigen Hofhaltung als Inbegriff des machtbewussten Barockfürsten. Der Kurfürst von Sachsen war den Lebensfreuden nicht abgeneigt, er soll 121 Kilo auf die Waage gebracht und 354 Kinder gezeugt haben. Dresden profitiert bis heute von seinen prächtigen Bauten und den Kunstschätzen, die er hortete. Die Ausstellung „Prunk!“ spürt im Museum August Kestner jetzt dem Glanz nach, den August um sich herum inszenierte. Monatelang war das Museum zuvor auch wegen Baumaßnahmen geschlossen. Die Eingänge wurden neu gestaltet, das Foyer bekam frische Farbe, der Brandschutz wurde verbessert. In den kommenden Monaten stehen noch größere Sanierungen an. Wegen der Corona-Pandemie müssen Besucher vorerst Masken tragen und Abstände einhalten. Doch dem „Prunk!“ tut das keinen Abbruch. In einer Vitrine illustrieren ganz ähnlich gestaltete Elfenbeinmedaillons von August und Ludwig XIV., wie sehr der Sachse dem Sonnenkönig nacheiferte. Ein Theodolit, ein Gerät zur Landvermessung, veranschaulicht, wie er die Wissenschaften förderte. Und ein kostbarer Rosenkranz erinnert daran, dass August zum Katholizismus konvertierte, um 1697 zusätzlich König von Polen werden zu können. Suche nach dem weißen Gold: Kuratorin Sally Schöne hat Glas, Münzen und Bestecke zusammengetragen – und vor allem Porzellan aus den reichen Beständen des Kestner-Museums. Das sogenannte weiße Gold gab es lange nur als Importgut: In China produzierten ganze Städte für den europäischen Markt. August war ein passionierter Sammler asiatischer Tässchen und Schälchen. Dazu ist überliefert, dass er exotische Getränke wie Kaffee konsumierte. Seine Gemahlin Christiane Eberhardine bestellte 1699 ein ostasiatisches „Porcelain Coffe und thee zeug“. Ein Hofservice war mit Tigern, Bambus und asiatischen Glückssymbolen verziert. Auch Seefahrermotive und fremdländische Landschaften waren als Motive en vogue. Globalisierung und Fernhandel, Kunsthandwerk, technischer Fortschritt und Repräsentationsstreben befeuerten einander wechselseitig. Glückliche Umstände führten August dann den verkrachten Apotheker Johann Friedrich Böttger über den Weg, der mit alchimistischen Experimenten Gold herstellen wollte. Damit hatte er zwar wenig Erfolg, immer wieder musste Böttger den Kurfürsten wortreich vertrösten. Doch in seinem Laboratorium experimentierte er mit Schmelztiegeln und Öfen – und tastete sich so an die Produktion von Porzellan heran. Die Ausstellung zeigt frühes „Böttgersteinzeug“, das wegen seines Eisenanteils rötlich gefärbt ist. Später verwendete Böttger Kaolin – jene weiße Erde, die neben Feldspat und Quarz zu den Ingredienzien von Porzellan zählt. Anno 1710 gründete August in Meißen dann die erste Porzellanmanufaktur Europas, mit Böttger als Administrator. Hier entstand ein ganz neuer Wirtschaftszweig, ein arbeitsteiliges Unternehmen mit Jobs für Gipsstoßer, Feueressenkehrer und Ofenholzhacker. Kunstvolle kleine Plastiken zeugen bis heute davon, wie filigran hier bald gefertigt wurde. Und wie sehr das weiße Gold den Ruhm des Kurfürsten abermals mehrte. „Prunk!“ ist im Kestner-Museum vom 16. Mai bis 24. Januar zu sehen. Besucher müssen Masken tragen, Abstand halten und Anweisungen der Mitarbeiter beachten. Am Internationalen Museumstag am Sonntag, 17. Mai, ist der Eintritt frei. Infos unter Telefon (05 11) 16 84 27 30. Lesen Sie auch: Hannovers Museen bereiten sich auf den Neustart nach der Corona-Pause vor Warum Hannovers Museen jetzt Corona-Exponate sammeln Von Simon Benne