„Babylon Berlin“ im Literarischen Salon: Henk Handloegten spricht über das Serienschreiben

Wie es mit Kommissar Gereon Rath in der vierten Staffel der Fernsehserie „Babylon Berlin“ im Jahr 1933 weitergehen wird, will Henk Handloegten nicht verraten. „Ich werde das doch nicht spoilern“, sagte er im Literarischen Salon. Anderes verriet er schon. Wieso er sich in den Zwanziger Jahren so gut auskennt etwa oder worauf angehende Drehbuchautoren achten sollten. HAZ-Filmkritiker Stefan Stosch befragte den Regisseur und Drehbuchautor, der zum Kreativteam der erfolgreichen Serie „Babylon Berlin“ gehört, beim coronabedingt zuschauerlosen Salongespräch, das in Kooperation mit dem gerade laufenden Up-and-coming-Drehbuchfestival stattfand. Das Gespräch im Video: Handloegten ist ein sympathischer und unkomplizierter Gesprächspartner, der hier ein paar interessante Einblicke in die Drehbuchwerkstatt gab. Wenn er zusammen mit Achim von Borries und Tom Tykwer am Drehbuch für „Babylon Berlin“ schreibt, dann ist das „im höchsten Maße unprofessionell“, sagt er. Man muss immer wieder von vorne anfangen, immer wieder die Stränge neu zusammenfügen, immer wieder aufräumen. Ab und zu kommt es dabei auch zu „Bilokalitätsproblemen“, dann ist die Hauptfigur zur selben Zeit an verschiedenen Orten zu sehen. Weil das nicht sein kann, muss sich dann wieder einer ans Aufräumen machen. Die emotionale Wahrheit: Neuerdings hat sich das Drehbuchteam für „Babylon Berlin“ etwas vergrößert. Zwei Autorinnen sind dazugekommen „So geht es etwas schneller“, sagt Handloegten. Er ist im Team der Spezialist für die zwanziger Jahre. „Ich gelte als Zeitzeuge“ sagt er. Das hat etwas mit seiner Jugend zu tun. Handloegten wurde in Celle geboren, musste mit seiner Familie oft den Ort wechseln und lebte von 1984 an in Ostberlin, wo sein Vater an der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik beschäftigt war. Als Bürger der Bundesrepublik konnte Handloegten eine Schule in Westberlin besuchen und täglich das unternehmen, was seinen Freunden im Osten verwehrt war: locker die innerdeutsche Grenze überqueren. Das hat sein Interesse für die deutsche Geschichte geweckt, er begann sich für die zwanziger Jahre zu interessieren. Und nun ist er der Serienfachmann für diese Fragen. Ausgewiesene Historiker ziehen die Serienschreiber im Übrigen nur selten zu Rat. Beim Serienschreiben sei die emotionale Wahrheit wichtiger als die historische, meint Handloegten, außerdem heißt die Serie „Babylon Berlin“ und nicht „Berlin 1929“. Ein paar Tipps für angehende Drehbuchautoren hat Handloegten auch: „Fokussiere dich auf etwas, das nur du so erzählen kannst.“ Andererseits darf das Schreiben auch nicht zu sehr im Privaten verhaftet sein, wenn es zu intim wird, kann es leicht zu klein werden. Wichtig sei es, jemanden mit einer Geschichte fesseln zu wollen. Und überhaupt anzufangen: „Um seine Stimme zu finden, muss man seine Stimme nutzen“. Am Montag, 30. November, sprechen die Politikwissenschaftlerin Eva Berendsen und die Jugendbildungsreferentin Lillemor Kuht im Literarischen Salon über Extremismustheorien. Auch diese Veranstaltung ist nur auf dem YouTube-Kanal des Salons zu sehen. Von Ronald Meyer-Arlt