Zwischen der Komposition des 1. Klavierkonzertes und der 7. Sinfonie von Beethoven liegen 18 Jahre. Das Konzert des damals 23-jährigen Komponisten und Klaviervirtuosen steht noch deutlich in der Tradition seiner Vorgänger; die Siebte dagegen klingt nach nichts als Beethoven: Musik von einer Wucht und Originalität, die viele Nachfolger verstummen lassen sollte.
Hingabe und Kontrolle
Beim vierten Tag des Beethoven-Festivals im Kuppelsaal ist die Distanz zwischen den Werken besonders deutlich zu spüren. Der NDR Radiophilharmonie gelingt unter Leitung von Andrew Manze eine echte Wow-Version der Siebten. Alle Musiker spielen mit sogar für dieses engagierte Orchester auffallend hohem Einsatz, und doch strahlt ihr Spiel stets gelassene Präzision aus: eine faszinierende Gratwanderung zwischen Hingabe und Kontrolle, die noch einmal ein neues Kapitel in der Erfolgsgeschichte der Zusammenarbeit von Manze mit der Radiophilharmonie aufzuschlagen scheint.
Dieser risikofreudigen und doch nahezu perfekten Aufführung der Sinfonie steht eine merkwürdig tastende und unscharfe Version des Klavierkonzertes entgegen. Pianist Martin Stadtfeld betont den frühklassischen Charakter des Werkes mit (manchmal zu) leichthändiger Phrasierung. Da ist es konsequent, wenn sich der Pianist im ersten Satz eine eigene Kadenz leistet: Beethoven selbst hat drei verschiedene Kadenzen für dieses Werk geschrieben und damit wohl auch die Einladung zur weiteren Suche ausgesprochen.
Technische Probleme
Stadtfelds Kadenz allerdings erscheint ein wenig zu vollgriffig sowohl für das Werk als auch für seine eigenen pianistischen Fähigkeiten. Überhaupt ist sein Spiel technisch nicht auf der Höhe; vieles tönt hingeschludert, der Klang bleibt zu flach, und von der rhythmischen Raffinesse, die dieses Stück belebt, ist kaum etwas zu hören. Die Begeisterung im wieder sehr gut gefüllten Kuppelsaal, für die der Pianist sich mit einer Händel-Zugabe bedankt, ist trotzdem groß.
Die nächsten Konzerte des Beethoven-Festivals sind am 6., 7., 8. und 10. November im Kuppelsaal.
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Von Stefan Arndt