Ein Pandemiekrimi: „Kreuzberg Blues“ von Wolfgang Schorlau

Nun ist Corona auch im deutschen Krimi angekommen. In Wolfgang Schorlaus neustem Roman „Kreuzberg Blues“, dem zehnten Band um seinen Stuttgarter Privatermittler Georg Dengler, spielt auch die Pandemie mit. Geplant ist der literarische Seucheneinsatz allerdings nicht gewesen. Denn eigentlich geht es in diesem Buch um die Folgen des skrupellosen Treibens großer Immobilienkonzerne auf dem Wohnungsmarkt in Berlin. Roman noch mal aktualisiert: Doch als Schorlau im Frühjahr des vergangenen Jahres am Drehbuch für eine ZDF-Verfilmung seines Krimis gearbeitet hat, hat Corona zugeschlagen. Und der fast fertige Roman ist vom Autor mit Ereignissen bis zum August nachträglich aktualisiert worden. Dazu entwirft Schorlau die These, dass ein finsterer Zirkel aus Geheimdienstlern, Ministerialbeamten, Polizei- und Militärkreisen sowie einem ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten namens Meesen die Anti-Corona-Bewegung gezielt unter den Einfluss einer rechtsnationalen Alternative bringen will. Mit soziologischen Exkursen: Doch davon einmal abgesehen besitzt auch „Kreuzberg Blues“ alles, was einen Schorlau-Krimi auszeichnet: ein aktuelles politisches Thema, einen sehr guten Krimi-Plot, eine mitreißende temporeiche Erzählweise und eben einen sympathischen Ermittler, der sich selbst in höchste Gefahr bringt. Und natürlich, auch das ist Schorlau-typisch, gibt es zwischendurch immer wieder lange – manchmal zu lange – soziologische oder historische Exkurse, um das Geschehen theoretisch zu unterfüttern. Schauplatz ist jedenfalls Berlin. Dorthin verschlägt es Dengler mit seiner Mitarbeiterin Olga. Der Grund ist ein heimtückisches Verbrechen. In einem Kreuzberger Haus sind aggressive Ratten ausgesetzt worden, um die Mieter zum Auszug zu bewegen. Eines der gefährlichen Biester hat die kleine Tochter einer Freundin von Olga angegriffen und schwer verletzt. Um den Täter zu ermitteln, reist sie nun mit Dengler in die Hauptstadt. Schnell verdächtig ist der Hausbesitzer. Doch natürlich ist alles viel komplizierter. Ein Immobiliensumpf tut sich auf, der jedoch von Dengler am Ende zumindest ein bisschen trockengelegt wird. Wolfgang Schorlau: „Kreuzberg Blues“. Kiepenheuer & Witsch. 416 Seiten, 22 Euro. Wenn es die Corona-Lage erlaubt, liest der Autor auf Einladung von Leuenhagen & Paris am 11. Februar in der Oststädter Apostelkirche. Beginn: 19.30 Uhr Von Ernst Corinth