Haftbefehl auf dem Schützenplatz: „Ich hab mir Autokonzerte schlimmer vorgestellt"

Nur 250 Autos sind zur Show von Haftbefehl alias Aykut Anhan auf den Schützenplatz gekommen – für 1000 wäre Platz gewesen. Der Offenbacher rappt über Huren, Stoff, Designerklamotten, seine Erfahrungen im postmigrantischen Umfeld Offenbachs, Abschiebung und Polizeigewalt. Profan ist Programm. Allerdings: Haftbefehl weiß, wovon er spricht. Er hat nicht nur eine Rapkarriere in den Charts, sondern auch eine kriminelle Karriere. „Gib ihm“, sagt Haftbehl immer wieder als er im Jogginganzug mit Sonnenbrille und goldener Rolex auf der Bühne hin und her läuft. Seine Fans in den 250 Autos auf dem Schützenplatz pflichten ihm per Hupe bei. Anders als viele seiner Vorgänger, die hier auf dem Schützenplatz ein Konzert gespielt haben, weist er nicht auf das Hupverbot hin. „Die Kurdenstadt Hannover, Alter, ich liebe es“, sagt der 34-Jährige. Das Publikum feiert ihn. „Papa war ein Rolling Stone“: Mit dem Opener „Bolon“ seines aktuellen Albums „Das weisse Album“ eröffnet er die Show. Es geht um Kokain. Seine Songs präsentiert er mit relativ wenig Autotune, dafür singt er hin und wieder etwas schief. Im zweiten Song des Abends, „Papa war ein Rolling Stone“, singt er davon, wie er ohne Vater groß geworden ist. Im Anschluss an das ernste Thema rappt er wieder über „Ihr Hurensöhne“, die sich lieber vor den Kugeln ducken sollen. Nach dem dritten Song ist er dann etwas außer Atem und hat sich ein weißes Handtuch um die Schultern gelegt. „Ich mache das zum ersten Mal. Alles okay bis jetzt?“, will er vom Publikum wissen. „Ist gar nicht mal so verkehrt, so ’ne Autoshow“, meint er. „Ich hab’s mir schlimmer vorgestellt“. Anschließend nimmt er sich die Kennzeichen seiner Fans vor und freut sich, dass jemand extra aus Dieburg in Südhessen hergekommen ist. Kritik an Polizeigewalt: Haftbefehl kritisiert, die Polizei behandele ausländische Mitbürger oft schlecht. Deshalb habe er vor fünf Jahren den Song „CopKKKilla“ geschrieben. Dass das Thema einmal so viel Aufmerksamkeit bekommen würde, wusste er natürlich schon damals. „Hafti-Verschwörungstheorie“, sagt er und lacht. Lesen Sie auch: Das ist das weitere „Autokultur“-Programm bis zum 12. Juli Flexen und provozieren: Sein größter Song „Chabos wissen, wer der Babo ist“ ist für viele eines der Highlights an diesem Abend. Um den Erfolg zu demonstrieren, wird die Goldene Schallplatte auf der Bühne geflext. Haftbefehl provoziert mit Texten über Nazis und Sexismus. Der Rapper wurde mehrfach für seine antisemitischen Texte kritisiert. Er hat auch mehrfach versucht, sich davon zu distanzieren. Süßes vom Babo: Seine weiche Seite zeigt er auch. Die Show pausiert kurzzeitig, als Helfer Süßigkeiten von House of Sweets aus der Ernst August Galerie an die Fans verteilen. Der Babo kümmert sich darum, dass jeder etwas kriegt. Mit den Süßigkeiten und Autoscooter-Sounds kommt Kirmesstimmung auf dem Schützenplatz auf. Die Fans pumpen ihre Favoriten „Wenn nicht mit Rap, dann mit der Pumpgun“, „Lass die Affen aus dem Zoo“, „Saudi Arabi Money Rich“ und „Haram Para“ besonders laut mit dem Autoradio. Mit „069“ beendet Haftbefehl sein Autokonzert nach nur einer Stunde. Während mancher Fan noch vergebens auf die Zugabe wartet, brettern die ersten Autos bereits vom Platz. Lesen Sie auch: Farid Bang tritt vor nur 200 Autos auf dem Schützenplatz auf Solidarität mit einer Sexpuppe beim Ssio-Konzert Von Lisa Eimermacher