Literarischer Salon: Fabian Hart und Astrid Deuber-Mankowsky sprechen über toxische Maskulinität

Weiß, männlich und irgendwie fast zu bemitleiden. Der Journalist Fabian Hart, die Medien- und Kulturwissenschaftlerin Astrid Deuber-Mankowsky und die Gender-Studies-Expertin Anna-Lena Oldehus von der Leibniz-Universität Hannover haben in der neuen Ausgabe des Literarischen Salons über toxische Maskulinität gesprochen – und warum es nicht radikal, sondern notwendig ist, den Begriff Männlichkeit in den Plural zu setzen. Aufgrund der Pandemie saßen sich die drei nicht im Conti-Hochhaus gegenüber, sondern waren online verbunden. Das Gespräch gibt es zum Nachhören auf Youtube und Spotify. Studierende der Leibniz-Universität haben das Thema ausgewählt und die Veranstaltung vorbereitet. Daraus geworden ist ein interessantes Gespräch, deren Teilnehmende sich allerdings zu einig sind, als dass sich eine lebhafte Diskussion hätte entwickeln können. „Männlichkeit macht Mannsein zum Problem“, sagt Fabian Hart nach etwa einer Stunde im virtuellen Literarischen Salon und spricht damit den Evergreen der Gender-Studies-Problematik an, dass das biologische Geschlecht keine Auswirkungen auf das ausgelebte Geschlecht haben sollte, aber es dennoch hat. Wie ein Grönemeyer-Song: Das Problem von Geschlechterstereotypen, -zwängen und -identität ist nicht neu. Und auch der Begriff der toxischen Männlichkeit sei es nicht, sagt Deuber-Mankowsky. Es gibt ihn ungefähr so lange wie es das Lied „Männer“ von Herbert Grönemeyer gibt. Mit toxischer Männlichkeit ist gemeint, dass derjenige, der sich in unserer Gesellschaft als männlich versteht, sich auch heute noch oft vermeintlich „männlich“ verhalten muss. Das kann toxisch sein. Sowohl für die Betroffenen, als auch für die Menschen, die sie umgeben. Das traditionelle Männerbild basiere auf Hilflosigkeit, erklärt Deuber-Mankowski, auf der Unfähigkeit, Gefühle zu zeigen und dem Zwang, immer gewinnen zu müssen. Mitunter mag sich diese männliche Hilflosigkeit fast komisch äußern, in rotverbrannten Glatzen im Sommerurlaub, weil „echte“ Männer sich offenkundig nicht eincremen müssen. Mitunter aber auch in lieblosen Vater-Kind-Beziehungen, weil für Carearbeit im traditionellen Männerbild kein Platz ist. Oder in der Stürmung des US-Capitols. Auch das seien vermeintlich hilflose Männer gewesen, die gegen ihren Bedeutungsverlust protestierten, sagt Deuber-Mankowsky an einer Stelle des Gesprächs. „Wenn man über toxische Männlichkeit spricht, muss man heute unbedingt auch über White Supremacy sprechen.“ Ganz oben in Hierarchie der Macht stünde der weiße Mann. Noch. Es ist an der Zeit, damit aufzuräumen, den Begriff der Männlichkeit anders zu definieren, das sehen sowohl Deuber-Mankowsky als auch Hart so. Freiheit hinter Rollenzwängen: „Wenn der Mann nicht mehr als der körperlich und wirtschaftlich Überlegende performen muss, bietet das doch auch Möglichkeit die Verspannung, die Männlichkeit immer ist, aufzulösen“ sagt der Journalist. Man müsse Privilegien und Macht nicht nur abgeben, sondern man dürfe. Und das sei doch eigentlich eine sehr hoffnungsvolle Botschaft. Am Montag, 23. Januar, findet der nächste Literarische Salon statt. Autorin und Strafverteidigerin Christina Clemm berichtet über physische und psychische Gewalt gegen Frauen. Von Nadine Wolter