Man darf das ruhig als höchstes Lob verstehen: „Nicht schlecht“, sagt Peter Gelb in der Pause zu dem, was er bisher vom hannoverschen „Rigoletto“ gehört hat. Dann schiebt der mächtigste Mann der Opernwelt noch einen Satz hinterher: „Ich wünschte, wir hätten so eine Sängerbesetzung in New York.“ Der Direktor der Metropolitan Opera ist an diesem Abend privat in Hannover – Gelb ist der Ehemann der Dirigentin Keri-Lynn Wilson –, aber es ist wohl wahrscheinlich, dass er die Gelegenheit auch beruflich nützt, um seinen Wunsch bald Wirklichkeit werden zu lassen.
Man muss nämlich kein Stimmexperte wie Gelb sein, um zu erkennen, dass das Klassik-Open-Air mit „Rigoletto“ in diesem Jahr seinen künstlerischen Höhepunkt erreicht hat: Vor allem der französische Bariton Ludovic Tézier begeistert mit eleganter, in allen Lagen souveräner Stimme in der schwierigen Titelrolle auch die 25.000 Zuschauer vor der Bühne und im Maschpark. Dazu kommt mit Stephen Costello ein Herzog, der jugendlichen Leichtsinn mit Eleganz verbindet. Und Nadine Sierra gelingt mühelos der Spagat zwischen mädchenhaft lyrischen Passagen und Koloratur-Kunststücken in schwindelnder Höhe.
Alle Sänger haben schon bei Gelb an der New Yorker Met gesungen – aber noch nicht gemeinsam in dieser Oper. Die drei ungewöhnlichen und anspruchsvollen Hauptrollen so passend und ausgeglichen zu besetzen, ist ein Kunststück, das selbst bei den meisten Schallplatten- und CD-Aufnahmen dieser viel aufgenommenen Oper nicht so gut gelungen ist. Der Anspruch des NDR, beim Klassik-Open-Air höchste Qualität zu bieten, könnte nicht überzeugender eingelöst werden.
Da spielt es kaum eine Rolle, dass in kleineren Rollen der Name des Sängers inzwischen größer ist als seine Stimme: Franz Hawlata verleiht dem Mörder Sparafucile mehr durch Bühnenpräsenz als durch seinen Bass die richtige Finsternis. Und auch der zusammengewürfelte Festivalchor, der in diesem Jahr statt der etablierten Chöre der Stadt zugezogen wurde, löst seine Aufgabe nicht ganz überzeugend.
Umso glanzvoller präsentiert sich die Radiophilharmonie. Unter Leitung von Keri-Lynn Wilson erweisen sich die Musiker auch in einer für sie nicht an allen Stellen dankbaren Partitur als exzellentes Opernorchester. Auch das dürfte Peter Gelb nicht schlecht gefunden haben.