Was macht der niedersächsische Landtagsabgeordnete Uwe Santjer anders als die anderen? Die Cuxhavener haben ihn am Sonntag mit gut 51 Prozent zum neuen Oberbürgermeister gewählt, während seine SPD bei etwa 20 Prozent verharrte. Santjer weiß, was er will. Das unterscheidet ihn und manch anderen erfolgreichen Sozialdemokraten von seiner Partei. Er kommuniziert am laufenden Meter, er lacht, er quatscht mit den Leuten an der Küste, er menschelt – mit System. Mit einem wie ihm lässt sich das Ende des sozialdemokratischen Zeitalters, das Soziologen bereits Anfang der Achtzigerjahre prognostizierten, etwas aufhalten. Zumindest in Cuxhaven.
Natürlich ist das Fehlen von echten Persönlichkeiten aus dem wirklichen Leben nur ein Grund dafür, dass die großen Parteien selbst in ihren Hochburgen verlieren können. Aber es erklärt nicht alles, wie der Blick auf den Wahlsonntag in Niedersachsen zeigt. Die Gewinne der Grünen sind so groß wie die Verluste der SPD, weil den Grünen in der Kompliziertheit dieser Welt ein eindeutiges Thema zugeschrieben wird. Prima Klima eben. Das fehlt vor allem der ehemals großen, alten SPD.
Aber beide Regierungsparteien in Niedersachsen haben es da besonders schwer. Eine Arbeiterbewegung gibt es nicht mehr – wohl aber 100 000 gut verdienende Angestellte bei VW. Da können weder Sozial- noch Christdemokraten einfach als Nur-noch-Klima-Prediger auftreten, aber umso schneller als Klima-Killer verteufelt werden. Von der „Niedersachsenpartei“ sind jedoch vor allem Stephan Weil und seine SPD derzeit weit entfernt. Ob das bis zur OB-Wahl in Hannover noch aufzuholen ist?
Jetzt reden alle Parteien nur noch über Klimaschutz
Von Michael B. Berger