Kommentar zu Fehlern der niedersächsischen Politik in der Corona-Krise

In den vergangenen Wochen ist Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nicht müde geworden, von seinen Niedersachsen im Umgang mit der Corona-Pandemie dreierlei einzufordern: Geduld, Durchhaltevermögen und Disziplin. Denn dass der Impfstoff nun, wenn auch nur tröpfchenweise, bei uns ankommt, bedeutet nicht, dass die Krise morgen ausgestanden ist. Stattdessen müsse man gerade jetzt, wo besonders gefährdete Gruppen einen Impfschutz bekommen können, „verhindern, dass die Situation vorher noch einmal eskaliert“, sagte Weil noch am Wochenende. Und hatte damit natürlich recht. Zu viele Stockfehler: Nur: Während die Politik die Menschen dazu anhält, sich über die trüben Wintertage noch einmal zum Wohle aller zu straffen, haben sich die Verantwortlichen selbst in den vergangenen Wochen den einen oder anderen Stockfehler geleistet. Da war zum einen der Ministerpräsident selbst, der den Forderungen der Wissenschaftler nach einem zweiten Lockdown noch in der zweiten Dezemberwoche trotzig entgegenhielt, in Niedersachsen sei so etwas wegen der vergleichsweise niedrigen Infektionszahlen nicht notwendig. Wenige Tage und eine bewegende Rede der Bundeskanzlerin später aber musste Weil eine Kehrtwende vollführen. Kurz darauf, als der Lockdown beschlossen war, traute sich der Kultusminister nicht, die Schulen konsequent zu schließen. Stattdessen erließ Grant Hendrik Tonne (SPD) eine windelweiche Vorgabe, nach der die Eltern über den Schulbesuch ihrer Kinder selbst entscheiden sollten – und hinterließ damit Verwirrung, die er mühevoll wieder auflösen musste. In dieser Woche nun, so sieht es jetzt aus, schrammen das Land, die Stadt und die Region Hannover an einem weiteren Fall von missglücktem Krisenmanagement noch gerade so vorbei. Denn die Idee aus dem Gesundheitsministerium, den Landkreisen schon in dieser Woche eine geringe Zahl von Impfdosen für einen Schnellstart zur Verfügung zu stellen, war gut gemeint, aber schlecht ausgeführt. Ergebnis: Während am Montag anderswo in Deutschland bereits Bewohner von Seniorenheimen sowie Ärztinnen und Pfleger von Uni-Kliniken geimpft wurden, suchte man in Hannover noch nach einer E-Mail mit den notwendigen Informationen, die vom Land zu spät oder fehlerhaft abgeschickt und in den zuständigen hannoverschen Behörden nicht oder nicht richtig gelesen worden war. Nun nur nicht nachlassen: Nun ist es in einer außergewöhnlichen Situation wie dieser Pandemie wohlfeil, den Verantwortungsträgern Fehler vorzuwerfen. Politik und Behörden in Niedersachsen haben die Lage über lange Strecken gut im Griff gehabt – und wer in den vergangenen zehn Monaten selbst mit jeder Einschätzung richtig lag, der werfe den ersten Stein. Doch ebenso wenig wie die Bürger darf die Politik jetzt nachlassen. Denn Fehler werden in dieser Krise teuer bezahlt. Im schlimmsten Fall mit Menschenleben. Von Felix Harbart