„Als ich die gute Nachricht weitergab, waren alle erleichtert“, sagte die Bürgermeisterin der Gemeinde Sylt, Petra Reiber, am Sonntag. „Besonders für Mütter und Kinder ist es beruhigend, dass man abends wieder ins Bett gehen kann ohne Angst, im Schlaf von Flammen überrascht zu werden“, ergänzte der Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr, Jörg Elias.
Nach der Festnahme brodelte auf Deutschlands nördlichster Insel die Gerüchteküche, denn über den Täter und sein Motiv hüllte sich die Polizei am Wochenende in Schweigen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa arbeitete der 46-Jährige seit Längerem auf Sylt als Taxifahrer. Er soll eine kleine Wohnung in jenem Hochhaus haben, in dem vor eineinhalb Wochen die Brandserie begann.
Der mutmaßliche Täter wurde am Sonntag dem Haftrichter zugeführt. Zur Entscheidung des Richters über einen Haftbefehl wegen schwerer Brandstiftung sowie zu Details der Ermittlungsergebnisse wollen Staatsanwaltschaft und Polizei gemeinsam am Montag informieren, sagte die Sprecherin der Polizeidirektion Husum, Kristin Stielow. Medienberichte, nach denen der 46-Jährige ein Geständnis abgelegt habe, bestätigte sie nicht.
17 Brände gehen nach Überzeugung der Ermittler auf sein Konto. Dazu gehören Anschläge auf ein Appartementhaus, ein Altenpflegeheim, ein Hotel und die Nordseeklinik. Mehr als 400 Menschen mussten nachts aus ihren Betten, um sich in Sicherheit zu bringen. Sieben Personen wurden verletzt.
Dass er mit seinem Zündeln nicht zum Mörder wurde, verdankte der Brandstifter dabei einem Schüler aus dem Rheinland: Andreas Reuß macht zurzeit mit seinen Eltern Karin und Stephan Urlaub auf der Insel und ist der kleine Held von Sylt. Der 13-Jährige war Sonnabendnacht noch wach und hockte vor dem Fernseher, als er hörte, wie draußen die metallene Gartenpforte mit lautem Klacken ins Schloss fiel. Gleichzeitig erschnupperte er einen leicht brenzligen Rauchgeruch. Ein schneller Blick durchs Fenster genügte: Erste Flammen züngelten am Dachüberstand des reetgedeckten Hauses.
Zu Hause im nordrhein-westfälischen Alfter bei Bonn verbringt der Junge seine Freizeit am liebsten bei der Jugendfeuerwehr. Dort übt er jeden zweiten Mittwoch mit einem Dutzend Freunden, wie man sich bei Feuer verhält. Ohne eine Sekunde Zeit zu verlieren, rannte er los, um seine Eltern und die anderen Hausbewohner zu wecken: Alle konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.
„Mit seiner Geistesgegenwart hat er sich, seinen Eltern und den anderen Bewohnern das Leben gerettet“, lobte Nordfrieslands Kreisbrandmeister Christian Albertsen den 13-Jährigen: Ein Reetdach zu löschen sei sehr schwierig. Ohne die schnelle Reaktion des Jungen wäre das Haus niedergebrannt, ist sich Albertsen sicher: „Das war schon klasse.“
Letztendlich konnte durch die schnelle Aktion des Jungen auch noch der mutmaßliche Brandstifter gestoppt werden, bevor er erneut zuschlagen konnte. Als bei der Feuerwehr um 2.30 Uhr der Alarm einging, war der 46-Jährige erst wenige Meter vom Tatort entfernt. Ganz kurz versuchte er wegzulaufen, aber die Beamten waren schneller. Er gab dann sofort auf und ließ sich widerstandslos festnehmen.
dpa