Auch vier weitere Verschüttete konnten am Wochenende noch lebend geborgen werden. Derweil wurde ein erstes deutsches Todesopfer bestätigt, knapp 30 Deutsche werden aber immer noch vermisst.
„Es ist ein kleines Wunder“, sagte der Ehemann der aus den Hoteltrümmern geborgenen Frau, Reinhard Riedl. Die 62-Jährige war dehydriert, aber unverletzt. Zuschauer brachen nach ihrer Bergung in Beifall und Jubel aus. Bereits am Samstag wurde eine 29-jährige Studentin geborgen. Amerikanische Retter brauchten 30 Stunden, bis sie die Studentin aus den Schuttmassen eines Universitätsgebäudes befreien konnten. Die junge Frau war 97 Stunden unter den Trümmern begraben. Drei weitere Menschen wurden am Sonntag, fünf Tage nach dem Beben, aus einem eingestürzten Supermarkt gerettet.
Eine UN-Sprecherin äußerte die Hoffnung, dass noch weitere Verschüttete gerettet werden könnten. Es gebe noch Überlebende in den Trümmern eingestürzter Gebäude, sagte Elisabeth Byrs am Sonntag in Genf. Sie könnten unter den gegebenen Umständen bis zu sechs Tage überleben.
Hilfslieferungen in zerstörte Hauptstadt kommen voran
Unterdessen kamen die Hilfslieferungen in der zerstörten Hauptstadt am Wochenende allmählich besser voran. Trinkwasser und Lebensmittel wurden an die zunehmend verzweifelten Überlebenden verteilt. „Die Menschen sind hungrig, jeder fragt nach Wasser“, sagte ein Einwohner, Alain Denis. Hilfsorganisationen bemühten sich um die Weiterleitung von Wasser und Lebensmitteln, wurden jedoch immer wieder auf blockierten Straßen aufgehalten. Besorgt äußerten sich die Helfer über zunehmende Gewalt. Bei der Verteilung von Essen in einem Fußballstadion prügelten sich rund 200 Jugendliche um die Rationen und warfen Steine.
Die US-Streitkräfte übernahmen die Kontrolle über den Flughafen von Port-au-Prince und koordinieren die Ankunft der Maschinen mit Hilfsgütern. Bis Montag sollen 9.000 bis 10.000 US-Soldaten in Haiti oder auf Schiffen vor der Küste im Einsatz sein, wie Generalstabschef Mike Mullen mitteilte.
Berlin verdreifacht Hilfe auf 7,5 Millionen Euro
Die Vereinten Nationen erklärten, das Beben sei die schlimmste Katastrophe in ihrer Geschichte. Die logistischen Probleme seien größer als die nach dem Tsunami in Asien 2004. Die haitianische Regierung befürchtet mindestens 100.000 Tote, rund ein Drittel der Bevölkerung sind von den Folgen der Katastrophe betroffen. Unter den Toten ist Ban zufolge auch der Leiter der UN-Friedensmission in Haiti, der Tunesier Hedi Annabi.
Die Hilfe der Bundesregierung wurde derweil angesichts des Ausmaßes der Katastrophe auf 7,5 Millionen Euro verdreifacht, wie Außenminister Guido Westerwelle erklärte. Das Geld soll nach seinen Angaben dazu verwendet werden, ein großes mobiles Krankenhaus aufzubauen. Westerwelle rief alle Bundesbürger auf, für die Erdbebenopfer zu spenden: „Die Katastrophe ist wirklich eine Katastrophe biblischen Ausmaßes“, sagte der Außenminister.
ap