Am Sonnabend amstag konnte ihn ein französisches Suchteam befreien, nachdem er zuvor mit Klopfzeichen auf sich aufmerksam gemacht hatte. Unter dem Applaus Hunderter Schaulustiger wurde der Mann auf einer Trage liegend aus den Trümmern des Hotels getragen. Die Zahl der registrierten Toten erhöhte sich unterdessen auf 112 226, teilte der Zivilschutz in Haiti mit. Die Zahl der Toten war bisher auf 200 000 geschätzt worden.
Opfer hatte wohl Zugang zu Wasser
Wie die britische BBC berichtete, hatte Richmond in einem Hohlraum unter meterhohem Schutt überlebt und dort möglicherweise auch Zugang zu Lebensmitteln gehabt. Ein Rettungsexperte betonte, der Mann könne nur so lange überlebt haben, weil er zumindest an Wasser gekommen sein müsse. Der Überlebende, der nach Berichten von Augenzeugen seine Hände und Beine bewegen konnte und ansprechbar war, wurde in ein Lazarett gebracht. Er habe angegeben, in den ersten Tagen noch Geräusche von anderen Überlebenden unter der Ruine gehört zu haben. Diese seien jedoch vor etwa zwei Tagen verstummt.
In der Hauptstadt Port-au-Prince wurde am Sonnabend der Erzbischof von Haiti, Joseph Serge Miot, beigesetzt. An der Trauerfeier nahm auch Präsident René Préval teil, der seit dem Beben vor elf Tagen kaum in der Öffentlichkeit erschienen war. Zugleich fand ein Bußtag nach der Katastrophe vom 12. Januar statt, die viele Haitianer für eine Strafe Gottes halten.
Haiti will Kinderhandel unterbinden
Informationsministerin Marie-Laurence Jocelyn Lassègue sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa am Sonnabend, die Regierung habe neue Adoptionen verboten, beziehungsweise vorerst gestoppt. Nur solche Adoptionen haitianischer Kinder werden erlaubt, die bereits positiv beschieden waren, sagte Jocelyn Lassègue. Bis auf weiteres werden keine neuen Anträge bearbeitet. Nach dem Jahrhunderterdbeben waren Berichte über einen zunehmenden Kinderhandel im Armenhaus Amerikas publik geworden.
Nach Angaben der Regierung existieren in der Erdbebenzone Haitis etwa 330 wilde Camps mit je Tausenden von Obdachlosen. Die Regierung schicke jetzt verstärkt medizinische Dienste dorthin, um Verletzte zu suchen und sie angemessen medizinisch zu behandeln, sagte die Ministerin. Fachleute befürchten, dass auch viele Leichtverletzte an Wundinfektionen sterben könnten. Eine Million Flüchtlinge
Insgesamt konnten die Rettungskräfte 133 Menschen lebend aus zerstörten Gebäuden ziehen. Alle Menschen, die eine Möglichkeit hätten, die zerstörte Hauptstadt Port-au-Prince zu verlassen, wurden aufgefordert, das möglichst bald zu tun. Die Vereinten Nationen schätzten, dass etwa eine Million Überlebende aufs Land fliehen werden.
Dank der internationalen Hilfsaktionen und der unermüdlichen Arbeit tausender Helfer konnte das Leiden der bis zu drei Millionen Überlebenden etwas gelindert werden. Erstmals machten auch wieder Geldtransfer-Firmen und Banken sowie Restaurants oder ein scharf bewachter Supermarkt auf. Nach Angaben des UN-Büros zur Nothilfe- Koordinierung in New York (OCHA) sind auch 30 Prozent der Tankstellen wieder in Betrieb.
Konferenz in Montréal
Als Vorbereitung einer geplanten Geberkonferenz für den Wiederaufbau Haitis wollen ab diesem Sonntag mehr als 20 Länder im kanadischen Montréal diskutieren. Zu dem Krisentreffen reisen unter anderem US-Außenministerin Hillary Clinton, ihr französischer Kollege Bernard Kouchner und Vertreter der Vereinten Nationen, internationaler Finanzinstitutionen sowie 21 weiterer Staaten an. 58 Millionen Dollar bei
Spendenmarathon in den USA
Die Spendengala amerikanischer Stars für die Erdbebenopfer von Haiti hat mindestens 58 Millionen Dollar (41 Millionen Euro) eingebracht. Dabei würden die Spenden auch einen Tag nach dem Konzert aus Los Angeles, New York und London nicht abreißen, berichtete CNN am frühen Sonntagmorgen (MEZ). Nach Angaben des Senders ist dieser Betrag ein Rekord für eine Spendenshow nach einer Naturkatastrophe. Die Zusammenstellung der Songs im Internetshop iTunes sei zudem am Tag nach dem Konzert in 18 Ländern die Nummer Eins gewesen und habe für zusätzliche Einnahmen gesorgt. Überweisungen von Firmen oder große Einzelspenden seien in den 58 Millionen Dollar noch nicht enthalten.
Die Fernsehshow, die weltweit und selbst in den USA gleich auf mehreren Kanälen übertragen wurde, wurde von George Clooney und dem aus Haiti stammende Musiker Wyclef Jean moderiert. Deutschland stockte seine bilaterale Haiti-Hilfe nach Angaben von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) in der „Welt am Sonntag“ um weitere fünf Millionen Euro auf 15 Millionen Euro auf.
dpa