Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte in Karlsruhe zwei Fälle von Bewerbern vorgelegt, die trotz langer Wartezeit noch keinen Studienplatz im Fach Humanmedizin bekommen hatten. Es geht um das Grundrecht der freien Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs sowie den Gleichheitsgrundsatz. (Az. 1 BvL 3/14 und 4/14). Das Richter des Ersten Senats am Bundesverfassungsgericht erklärten die Studienplatzvergabe im Fach Medizin nun für teilweise verfassungswidrig (siehe schriftliche Begründung). Bund und Länder müssen deshalb bis Ende 2019 das umstrittene Auswahlverfahren neu regeln.
In der Verhandlung des Ersten Senats im Oktober hatte das Bundesverfassungsgericht die Zahl von fast 62.000 Bewerbern auf 11.000 Ausbildungsplätze genannt. Um einen Studienplatz zu bekommen, ist eine Abiturnote von 1,2 oder besser nötig. Ein zweiter Weg führt über eine Wartezeit, für die etwa 15 Semester eingeplant werden müssen. Zuständig für die Bewerbung ist die Stiftung für Hochschulzulassung. Einen Teil der Studienplätze vergeben die Universitäten bisher auch selbst - aber auch dabei spielte bisher die Abiturnote eine entscheidende Rolle. Das Urteil könnte nun politische Konsequenzen zur Folgen haben. Das Gericht lässt dem Gesetzgeber bis Ende 2019 Zeit, die Mängel zu beheben.
"Großartiges Signal"
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) hat das Urteil des Bundesverfassungsgericht begrüßt. "Das Auswahlverfahren muss den Anforderungen des heutigen Medizinstudiums und des künftigen Arztberufs gerecht werden. Es geht nicht nur um Wissen, sondern auch um Kompetenzen und die richtige Einstellung", sagte MHH-Präsident Christopher Baum. Nun nehme man die Herausforderung an, gemeinsam mit den übrigen Fakultäten Standards für ein Auswahlverfahren zu erarbeiten. "Chancengleichheit ist ein hohes Gut und muss bundesweit gelten", so Baum weiter.
Die Ärztekammer Niedersachsen sieht in dem Urteil indes ein "großartiges Signal" für die künftigen Ärztegenerationen. „Eignung für den Arztberuf manifestiert sich nicht nur in der Abiturnote. Entscheidend sind auch die soziale Kompetenz, die Empathie für den Umgang mit Patienten und ihren Krankheiten sowie einschlägige Berufserfahrungen“, sagte Präsidentin Martina Wenker.
Von dpa / RND/ str