CDU-Vorsitzender Laschet: Das sagen HAZ-Leser zur Wahl

Die CDU hat einen neuen Vorsitzenden gewählt. Armin Laschet setzte sich gegen Friedrich Merz und Norbert Röttgen durch. Kann er die Partei in die Zukunft führen und interne Streitigkeiten ausräumen? Und was soll aus Friedrich Merz werden? Mehrere HAZ-Leser haben uns ihre Meinung zum Thema geschrieben. Leser Norbert Linn: Fantasiefreies Weiterso: Die kluge Analyse der Autorin verdient uneingeschränkte Zustimmung. Einige Facetten seien hinzugefügt: Auf ihrem digitalen Parteitag hat sich die CDU für AKK 2.0 entschieden. Armin Laschet hat mit den gleichen Argumenten wie seinerzeit Annegret Kramp-Karrenbauer für sich geworben: „Regierungserfahrung“, „schon eine Wahl gewonnen“ ... Jetzt steht ein Mann an der Spitze einer in allzu vielen Merkel-Jahren programmatisch völlig ausgetrockneten Partei, der allen Ernstes erklärt, die Politik der Kanzlerin unverändert fortführen zu wollen. Und das in einer Zeit größter Umwälzungen und nicht zuletzt durch die Pandemie sichtbar gewordener Defizite Deutschlands. Anders als seine Konkurrenten, die – unterschiedlich akzentuiert – sehr wohl strukturellen Erneuerungsbedarf in der CDU identifiziert hatten, bediente Laschet letztlich mit Erfolg das Sekuritätsbedürfnis der Delegierten in unsicheren Zeiten. Addiert man freilich die Stimmen für Röttgen und Merz im ersten Wahlgang, lässt sich durchaus eine Mehrheit für notwendige Veränderungen erkennen. So aber bleibt es in der Tat bei einem fantasiefreien Weiterso und der offenen Frage, wofür die CDU inhaltlich steht. Der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung wird sich meines Erachtens als Pyrrhussieg erweisen: Am 26. September dürfte die CDU in der Wählergunst in etwa da stehen, wo sich die SPD schon jetzt befindet. Und da ist das bisherige Regierungsversagen in der Pandemie noch nicht einmal eingepreist. Norbert Linn, Großburgwedel Lesen Sie auch: Der Machtkampf ist längst nicht vorbei – ein Kommentar zur CDU Leser Jürgen Gansäuer: Machtkämpfe gehören zur Demokratie: In ihrem Leitartikel schreibt die Autorin, „der Machtkampf ist längst nicht vorbei“, die CDU habe sich für ein „Weiter-so“ entschieden und sei eine „tief gespaltene Partei“. Eine Journalistin, die Politik- und Geschichtswissenschaft studiert hat, sollte eigentlich in der Lage sein, etwas differenzierter zu argumentieren, denn der so bezeichnete „Machtkampf“ ist in demokratischen Parteien nie vorbei. In freiheitlichen Gesellschaften geht es im Ringen für beziehungsweise gegen politische Zielsetzungen stets um inhaltliche Kursbestimmungen. „Machtkämpfe“ sind so verstanden ein geradezu unentbehrlicher Bestandteil des innerparteilichen Ringens um Strategien und Konzepte und gehören in diesem Sinne zum Wesenskern der Demokratie. Und dieses Ringen galt und gilt auch für personelle Entscheidungen, zumal wenn die Kandidaten für bestimmte politische Richtungen stehen. Genau das war am vergangenen Samstag der Fall. Die Verwendung des viel diskreditierten Begriffes „Machtkampf“ ist bedauerlicherweise negativ konnotiert, der Vorgang selber ist es im demokratischen Sinn nicht. Die Autorin führt sodann aus, dass sich die CDU für ein „Weiterso“ entschieden habe. Das ist eine merkwürdige Argumentation, denn die Partei steht für die fundamentalsten Reformen, die es in der Politik Deutschlands in den vergangenen Jahrhunderten gegeben hat, etwa die Westorientierung und die Einführung des Sozialen Marktwirtschaft. Aus welchem Grunde sollte die CDU also einen Erfolgskurs verlassen, der Deutschland nach zwei Weltkriegen zu einem der wohlhabendsten und freiheitlichsten Staaten der Welt gemacht hat? Richtig ist, dass die Union gut beraten ist, nicht das Alte zu konservieren, sondern es auf seine Zukunftsfähigkeit hin kritisch zu überprüfen. Und wenn der jeweilige Sachverhalt dieser Prüfung nicht standhält, muss er verändert oder beseitigt werden – auch das sollte im guten Sinn konservativ sein. Dazu gehört maßgeblich aber auch die Hinwendung zu neuen Problemen und Fragestellungen, wie beispielsweise die Klimapolitik, die technologische Weiterentwicklung und die Konsequenzen veränderter demografischer Gegebenheiten. Auch der lapidaren Feststellung, dass die CDU eine „tief gespaltene Partei“ sei, muss ich widersprechen. Es gibt in Niedersachsen wohl nicht sehr viele, die die Union mit ihren Stärken und Schwächen so gut und so lange kennen wie ich. Deshalb erlaube ich mir den Hinweis, dass die Partei von Beginn an auf eine keineswegs konfliktfreie gesellschaftspolitische Spannweite angelegt war. Entscheidend für ihre Zukunft sind aber nicht die innerparteilichen Meinungsunterschiede, sondern vielmehr die Fähigkeit ihrer sich gern als bürgerlich bezeichnenden Mitglieder, Mehrheitsentscheidungen solidarisch zu akzeptieren. In diesem Zusammenhang gibt es in der CDU zugegebenermaßen noch Luft nach oben. Jürgen Gansäuer M.A., Laatzen Landtagspräsident a.D. Leser Christian Schröder: Strömungen der Partei sichtbar machen: Angela Merkel ist der Klotz an Armin Laschets Bein. Es ist vollkommen klar, dass die CDU nicht knapp 50 Prozent der Delegierten und wohl mehr als die Hälfte der Parteimitglieder einfach so abfertigen kann. Ein Posten im Präsidium für Friedrich Merz ist nicht mehr als der Versuch, ihn irgendwie innerhalb der Mannschaft einzufangen, ohne reale Auswirkungen. Die Bedeutung des Präsidiums der Partei erkennt man daran, dass niemand eigentlich weiß, wer dazugehört. Für die praktische Arbeit ist das Gremium entbehrlich. Das Angebot, das Wirtschaftsministerium zu übernehmen, war eine ziemlich gute Idee, um wesentliche Teile der Partei zusammenzuführen. Offensichtlich haben das bis jetzt nicht alle verstanden. Nun kann Merkel mal beweisen, ob sie etwas für die Partei tun will oder ob ihr die Partei komplett egal ist. Sie könnte ihren Beitrag leisten, um die Partei zu stärken – aber die Größe hat sie wohl nicht. Dabei wäre es eine gute Gelegenheit, die Strömungen in der Partei auch in der Regierung sichtbar zu machen und die Partei gestärkt in die Wahl zu führen. Laschet wiederum hat Merkel gegenüber nichts zu melden, sie wird ihn im Zweifel wie AKK am langen Arm verhungern lassen. Leicht hat er es nicht. Christian Schröder, Isernhagen Veröffentlichungen in dieser Rubrik sind keine redaktionelle Meinungsäußerung. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Bei allen Einsendungen bitten wir um Angabe der vollständigen Absenderadresse. Wollen auch Sie uns Ihre Meinung mitteilen? Dann schreiben Sie uns auf diesem Weg. Leserin Christa Piep: Keine amerikanischen Verhältnisse: Wir brauchen keinen Trump-Verschnitt. Dass Friedrich Merz nicht als CDU-Vorsitzender gewählt wurde, kann ich nur befürworten. Allein die Tatsache, dass er nur in der CDU aktiv wird, wenn er Vorsitzender wird oder umgehend einen Ministerposten erhält, erinnert doch sehr an Donald Trump – nach dem Motto: ich, ich , ich. So jemanden können wir in Deutschland nicht gebrauchen, und das sollte sich auch die Junge Union klarmachen. Zumindest in Westdeutschland kommt diese Einstellung einzelner Politiker nicht gut an. Wir sind ein Land der Kompromisse, und die jungen Politiker sollten sich vergegenwärtigen, dass sie für das Volk Verantwortung tragen und nicht für ihre Karriere. Amerikanische Verhältnisse möchte hoffentlich die Mehrheit in Deutschland nicht. Christa Piep, Langenhagen Von red