Wie am Montag aus Regierungskreisen zu erfahren war, soll ein Gesamtpaket aus zivilem Aufbau, Polizei- und Soldatenausbildung, Schutz der Bevölkerung und militärischen Aktionen geschnürt werden. Im Gespräch ist eine Aufstockung der deutschen Truppen um bis zu 1500 Soldaten.
Am Montagabend beriet Merkel mit allen zuständigen Ministern im Kanzleramt über die neue Strategie. Bereits im Vorfeld des Treffens hatte CSU-Chef Horst Seehofer seine Zustimmung zu dem Konzept signalisiert, das Außenminister Guido Westerwelle auf der internationalen Afghanistan-Konferenz am Donnerstag in London vertreten soll. Am Dienstagabend wird der afghanische Präsident Hamid Karsai im Kanzleramt erwartet, um die letzten Details zu erörtern. Aus dem Verteidigungsministerium war am Montag zu hören, dass noch vor der Londoner Konferenz eine konkrete Truppenzahl genannt werden soll. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hob vor Journalisten hervor, dass die Soldaten mehr „Präsenz in der Fläche“ zeigen sollten – „nicht um offensiv zu kämpfen, sondern um Ausbildung für die afghanische Armee und Polizei und Schutz für die afghanische Bevölkerung miteinander in Einklang zu bringen“.
Derzeit sind 113 000 ausländische Soldaten in Afghanistan stationiert. Die britische Zeitung „Times“ berichtete unter Berufung auf einen Entwurf des Abschlusspapiers zur Londoner Afghanistan-Konferenz, die internationalen Truppen sollen noch drei bis fünf Jahre am Hindukusch bleiben, bevor die afghanischen Sicherheitskräfte allein die Verantwortung übernehmen könnten.
Der britische Premierminister Gordon Brown erklärte, bei der Konferenz werde die verstärkte Ausbildung einheimischer Sicherheitskräfte beschlossen, so dass Afghanistans Armee auf 134 000 Mann und seine Polizei auf 90 000 Beamte anwachsen werde. Bei dem Treffen von etwa 60 Staaten in London soll neben einer Aufstockung der Truppen auch ein stärkeres ziviles Engagement besprochen werden. Nur mit mehr Soldaten sei der Krieg nicht zu gewinnen, sagte der britische Außenminister David Miliband vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.
Rupert Neudeck, Chef der Hilfsorganisation Grünhelme, kritisierte am Montag die Forderung von Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) nach einer engeren Zusammenarbeit von Entwicklungsorganisationen und Bundeswehr. Die sinnvolle Trennung von Militär und zivilem Einsatz in Afghanistan sei durch Niebel bedroht, schrieb Neudeck in der „Frankfurter Rundschau“.