Während die Landesregierung in Hannover die Ankündigung begrüßte, reagierte die Opposition skeptisch und sprach von einer „taktischen Pause“.
Seit vier Monaten verhandeln Vertreter von Bund und Ländern über ein Verfahren, mit dem neue Endlagerstandorte für atomaren Müll ausgelotet werden könnten. Bei der rot-grünen Opposition in Niedersachsen herrschte bisher der Verdacht, diese Suche sei nur vorgeschoben, solange die Erkundung in Gorleben fortgesetzt wird. Damit würden im Wendland Fakten für ein dortiges Endlager geschaffen. Schon vor Wochen forderte Ministerpräsident David McAllister, der Bund solle „deutlich machen, dass es keine Vorfestlegung gibt“. Sein Rat wird von Röttgen jetzt umgesetzt. „Wir freuen uns“, erklärte der Ministerpräsident gestern.
Die Beendigung der Erkundung in Gorleben hieße, dass dort zehn Jahre lang nicht mehr im Bergwerk gearbeitet wird. Röttgen will aber einen „Forschungslaborbetrieb“ in Gorleben erhalten. Dies findet die ausdrückliche Unterstützung von Landes-Umweltminister Stefan Birkner (FDP): „In Gorleben arbeiten Fachleute für Tiefenbohrungen im Salzgestein, die werden wir in jedem Fall brauchen. Daher ist es richtig, diese Leute weiter zu beschäftigen.“ Frühestens in zehn Jahren, schätzt Birkner, könne eine Erkundung in Gorleben fortgesetzt werden – „aber nur dann, wenn sich der Standort vorher nicht bei der Prüfung als ungeeignet erweist“.
Auch in anderen strittigen Punkten will Röttgen offenbar auf die Hinweise seiner rot-grünen Kritiker eingehen. So scheint die von Rot-Grün befürchtete Entmachtung des Bundesamtes für Strahlenschutz vom Tisch zu sein. Der Bundesumweltminister, der bei den Landtagswahlen am 13. Mai Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen werden will, peilt mit seiner Linie offenbar eine zügige Verständigung an. „Er will schnell einen politischen Erfolg, der ihm im Wahlkampf hilft“, heißt es dazu aus dem Landtag in Hannover.
Während Lüchow-Dannenbergs Landrat Jürgen Schulz die neue Linie als „ersten Schritt“ würdigte, sprach Grünen-Landtagsfraktionschef Stefan Wenzel von einer „taktischen Pause“. Röttgen wolle nur McAllister vor dessen Landtagswahl im Januar 2013 helfen. Der niedersächsische SPD-Atomexperte Marcus Bosse erklärte, die neue Röttgen-Position werde „eine Annäherung erleichtern“. Doch die SPD forderte, unterstützt von einem Bundesparteitagsbeschluss, „die komplette Abkehr von Gorleben“, auch vom Forschungsbetrieb.