Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann warb in einem Interview dafür, Ausnahmen für grenznahe Regionen zuzulassen. Alle Landkreise entlang der Grenzen, in Bayern also nach Österreich, Tschechien und der Schweiz, könnten von der Mautregelung ausgenommen werden, regte Herrmann in der „Welt am Sonntag“ an. „Damit bliebe der kleine Grenzverkehr unbeeinträchtigt.“
Seehofer erwiderte, man solle Dobrindt in Ruhe seinen Gesetzentwurf ausarbeiten lassen. Jetzt sei es überhaupt nicht notwendig, dass jemand mit Interviews „seinen Senf dazugibt“. Seehofer betonte, Herrmann habe seine Idee in keiner Weise abgesprochen: „Die Linie der CSU und ihres Vorsitzenden ist ebenso klar wie die Linie der Kanzlerin – und ich könnte mir vorstellen, dass das maßgeblich ist.“ Die Arbeit an einem Gesetzentwurf beginne „mit Grundprinzipien und nicht mit Ausnahmedefinitionen“. „Zwischenrufe“ aus anderen Parteien und vor allem auch aus der eigenen Partei bezeichnete der CSU-Vorsitzende als „nicht hilfreich“.
Auf die Frage, ob er verärgert über Herrmann sei, sagte Seehofer: „Der größte Ertrag des zunehmenden Lebensalters ist die Gelassenheit. Vor 20 Jahren, wenn Sie mich gefragt hätten, da wäre ich auch verärgert gewesen – aber heute nicht.“ Dobrindt plant für die Pkw-Maut auf allen Straßen ab 2016 Vignetten, die Deutsche automatisch erhalten sollen – für die Kosten sollen sie über eine geringere Kfz-Steuer voll entlastet werden. Ausländische Fahrer müssten Vignetten an Tankstellen oder im Internet kaufen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte der „Rheinischen Post“, es sei fraglich, ob der Zoll, der seit dem 1. Juli für die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer zuständig ist, in der Kürze der Zeit rund 50 Millionen Kraftfahrzeugsteuerbescheide neu erstellen könne. „Ob sich das so schnell überhaupt umsetzen lässt, müssen wir in der Zollverwaltung prüfen“, sagte Schäuble. Der Zoll habe ohnehin schon viele neue Aufgaben übernommen, seit Neuestem auch die Mindestlohnkontrolle. Schäuble erwähnte, dass „auch die EU-Kommission noch zustimmen muss“.
Diese Zustimmung gilt keineswegs als bloße Formsache. Eine Regelung, die nur durchreisenden Ausländern, nicht aber den Deutschen mehr Lasten zumutet, könnte gegen EU-Recht verstoßen.
Von Arnold Petersen