In den Bereichen Kündigungsschutz, Mindestlöhne, Gesundheitsfonds und Steuerentlastungen hatten CDU/CSU in den vergangenen Tagen in der Öffentlichkeit die Ampeln auf Rot gestellt. „Es ist nicht sehr klug von einer Partei, deren Kanzlerin wir wählen sollen, uns so zu behandeln“, hieß es am Mittwoch bei den Liberalen. „Statt Vorgaben für die Verhandlungen zu machen, sollte die Union die Größe haben, ihre Fehler der vergangenen vier Jahre einzugestehen, sonst hätte sie nämlich 45 Prozent und wir nur fünf Prozent bekommen.“
Auch vor der Presse gab es gestern Kritik am künftigen Regierungspartner. „Um zur Kanzlerin gewählt zu werden, braucht Frau Merkel die Stimmen der FDP. Vorher werden Koalitionsverhandlungen geführt. Und dabei begegnen wir uns auf Augenhöhe“, sagte FDP-Finanzexperte Hermann-Otto Solms, der der Verhandlungsgruppe zur Regierungsbildung angehören wird und möglicherweise Bundesfinanzminister wird. Merkel hatte am Wahlabend gesagt, Kanzlerin aller Deutschen sein zu wollen. FDP-Parteivize Andreas Pinkwart sagte, die Union könne „nicht von vorneherein ganze Politikfelder ausschließen und für nicht verhandelbar erklären“. Bayerns FDP-Chefin und mögliche neue Bundesjustizministerin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, verlangte, dass sich die Stärke ihrer Partei im Kabinett widerspiegeln müsse. Schließlich seien die Liberalen doppelt so stark wie die CSU.
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel betonte, die FDP gehe angesichts ihres guten Wahlergebnisses „mit großem Selbstbewusstsein in die Gespräche“. Das „Gemurks“ Gesundheitsfonds müsse abgeschafft werden. Niebel setzte weitere Wegmarken für Schwarz-Gelb: Stärkung der Bürgerrechte, die Aussetzung der Wehrpflicht und die Aufhebung der starren Renteneintrittsregelung. Mindestlöhne nannte er „maximalen Unsinn“, weil sie nicht wirkten, wenn sie zu niedrig angesetzt würden, und Arbeitsplätze gefährdeten, wenn sie zu hoch seien.