Die Kolonne, die in der Nacht zu Freitag auf ukrainisches Territorium eingedrungen sei, sei größtenteils durch Artilleriebeschuss zerstört worden, erklärte Präsident Petro Poroschenko in Kiew. Die Furcht vor einer direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und Russland ließ die Kurse an den europäischen Börsen schlagartig einbrechen, in Deutschland fiel der Dax am Ende um 1,44 Prozent.
Von der Grenzverletzung durch russische Truppen hatten zunächst britische Journalisten berichtet: Sie gaben an beobachtet zu haben, wie 23 russische Truppentransporter und mehrere Tanklastwagen nahe dem russischen Grenzort Donezk die Grenze zur Ukraine überquerten. Später bestätigte die ukrainische Armee den Vorgang, auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen berichtete, dass es „einen russischen Einmarsch“ im Osten der Ukraine gegeben habe. „Das ist ein klares Anzeichen für eine fortdauernde Beteiligung Russlands an der Destabilisierung der OstUkraine“, sagte Rasmussen.
Frankreichs Präsident François Hollande rief Moskau auf, die „territoriale Integrität“ der Ukraine zu respektieren. Die EU-Außenminister drängten Russland, „alle Feindseligkeiten“ an der Grenze zur Ukraine umgehend einzustellen. Insbesondere müssten der Fluss von Waffen, Militärberatern und bewaffneten Kräften gestoppt und die Truppen von der Grenze zurückgezogen werden, forderten die Minister nach einem Sondertreffen in Brüssel. Sie betonten, dass die EU eine einseitige militärische Aktion Russlands in der Ukraine als eklatanten Bruch des Völkerrechts werten würde. Der britische Außenminister Philip Hammond warnte vor „sehr ernsten Konsequenzen“, sollten sich die Berichte bestätigen.
Die russische Regierung bestritt den Vorfall. „Eine russische Militärkolonne, die die Grenze zur Ukraine überquert haben soll, existiert nicht“, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow. Moskau warf der Ukraine einen Versuch zur Verhinderung seiner Hilfslieferungen vor. Das Außenministerium kritisierte insbesondere „die brutale Verstärkung der Militäroperationen“ im Osten der Ukrai ne, die „offenkundig zum Ziel hat, den mit Kiew vereinbarten Weg zu blockieren“. Der umstrittene Hilfskonvoi von knapp 300 Lastwagen befindet sich seit Freitag an der Grenze, wann er ins Land gelassen wird, ist aber weiter offen. Laut Präsident Poroschenko gab es eine Einigung darüber, wie die 2000 Tonnen Hilfsgüter verteilt werden können. Ukrainische Grenzschützer sollten die Ladung der Lastwagen zunächst auf der russischen Seite des Grenzübergangs Iswarin kontrollieren.
Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin berichtete derweil, er werde am Sonntag in Berlin seinen russischen Kollegen Sergei Lawrow treffen. An dem Gespräch würden auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Frankreichs Außenminister Laurent Fabius teilnehmen.