Zuvor war von etwa 15 verletzten Kämpfern die Rede gewesen. Auch auf Seite der Regierungstruppen gab es Tote, wie Innenminister Arsen Awakow sagte. Eine Zahl nannte er nicht. Awakow gab die Schätzung ab, dass etwa 800 bewaffnete Separatisten die Stellungen in Slawjansk hielten. "Sie setzen schwere Waffen ein, schießen mit großkalibrigen Waffen, benutzen Granatwerfer und sonstige Technik", sagte der Minister. Die Regierungstruppen hätten trotz der Gegenwehr den Fernsehturm der Stadt mit 125 000 Einwohnern eingenommen. Nun würden wieder ukrainische Fernsehsender ausgestrahlt. Kugeln hätten eine Gastankstelle getroffen, die daraufhin explodiert sei, meldete Interfax unter Berufung auf Aktivisten. Das örtliche Internetportal slavgorod.com.ua berichtete, die ukrainischen Truppen würden keine Notarztfahrzeuge durch ihre Absperrungen durchlassen. Ein verletzter Hubschrauberpilot, dessen Helikopter am Freitag von Separatisten bei Slawjansk abgeschossen worden war, wurde indes den Regierungseinheiten übergeben.
Trotz laufender "Anti-Terror-Einsätze" in der Ostukraine rechnet die Übergangsregierung in Kiew kaum noch mit einer Rückgewinnung der von Separatisten beherrschten Gebiete. Der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow machte dafür erneut Russland verantwortlich und warf Moskau Kriegstreiberei vor. Russland versuche die Lage vor der Präsidentenwahl am 25. Mai "völlig zu destabilieren", sagte Turtschinow dem Kiewer Fernsehsender 5. Kanal. Militante prorussische Kräfte in der ostukrainischen Stadt Slawjansk berichteten am Montag über neue Angriffe von Regierungstruppen.
Mindestens fünf Angehörige der "Selbstverteidigungskräfte" seien bei Feuergefechten schwer verletzt worden, teilte ein Sprecher mit. Angegriffen würden Posten am Stadtrand. In dem strategisch wichtigen Slawjansk mit einem bedeutenden Eisenbahnknotenpunkt sind seit Tagen ukrainische Soldaten mit Panzerfahrzeugen, Hubschraubern und Gefechtswagen im Einsatz. Turtschinow beklagte, im Osten der Ukraine habe Moskaus Führung ihre Pläne bereits verwirklicht. In dem Interview räumte er ein, dass es in der Region viele Anhänger einer Abspaltung von der Ukraine gebe. "Sagen wir doch mal ehrlich: Die Bürger dieser Regionen unterstützen die Separatisten, sie unterstützen die Terroristen, was die Durchführung der Anti-Terror-Operation erheblich erschwert."
Prorussische Separatisten haben nach eigenen Angaben zentrale Gebäude in Donezk und weiteren Großstädten wieder unter ihrer Kontrolle. "Wir haben die Verwaltungsgebäude in den entscheidenden regionalen Zentren eingenommen", sagte der Anführer der selbst ernannten Volksmiliz, Miroslaw Rudenko, am Sonntag der Agentur Interfax. Neben Slawjansk seien auch in Kramatorsk die wichtigsten Gebäude in den Händen der Separatisten. Reisende sollten derzeit auch die Südukraine meiden. Das Auswärtiges Amt in Berlin erweiterte seinen Reisehinweis für das Land und rät nun auch dringend von Reisen in die südlichen Landesteile ab.
Bislang galt das nur für den Osten und die Krim. Grund dafür sind gewaltsame Ausschreitungen auch in Odessa. Die meisten Reiseveranstalter und Reedereien bieten derzeit wegen der Krise ohnehin keine Reisen in die Ukraine an. Unterdessen forderte der russische Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) laut Kreml einen Dialog der Konfliktparteien in der Ukraine. Putin bekräftigte seine Haltung, wonach die prowestliche Führung in Kiew dringend das Gespräch mit den moskautreuen Protestführern im Südosten des Landes suchen müsse. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wirbt zur Beilegung des Konflikts für eine zweite Genfer Konferenz.
Es müssten endlich klare Verabredungen getroffen werden, wie man den Konflikt zum Stillstand bringe und einer politischen Lösung zuführe, sagte Steinmeier im ARD ("Bericht aus Berlin"). Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Didier Burkhalter, wird nach Kremlangaben am Mittwoch zu Gesprächen über die Ukraine-Krise nach Moskau reisen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will bereits zuvor in Washington mit der US-Regierung über eine gemeinsame Haltung in der Ukrainefrage beraten.
dpa