Das Signal der Grünen aus Hannover heißt: Wir können auch kuschlig und bleiben kämpferisch. Vorbei offenbar die Zeiten, da man sich gegenseitig auf offener Bühne mobbte, mit Wasserpistolen attackierte oder dem eigenen Außenminister einen Farbbeutel gegen den Kopf schleuderte. Die neue grüne Bürgerlichkeit zeigt sich auch in zivileren Umgangsformen. Zumindest nach außen.
Der Polit-Warenkorb wurde in Hannover mit vielen Gerechtigkeits-Verheißungen, dezenten Hartz-IV-Korrekturen und milliardenschwerer Umverteilung gefüllt. Ein solches, vom Vorstand im Vorfeld entschärftes Mitte-Links-Programm ist eigentlich nur mit SPD oder Linken zu realisieren. Rot-Grün ist und bleibt die Wunschkonstellation der Grünen. Andere politische Bündnisse nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 will man sich gar nicht vorstellen. Sie werden gefürchtet wie das Weihwasser vom Teufel.
Doch genau das ist auch ein Problem der Trittin, Göring-Eckardt, Roth, Özdemir und Co.. Sie formulieren ein grünes Wünsch-Dir-Was des Mit-Regierens, doch sagen nicht, welchen Preis sie dafür zu zahlen bereit sind. Und erst recht mit der Kür der ostdeutschen Bürgerrechtlerin und Protestantin Katrin Göring-Eckardt zur Spitzenkandidatin haben die Bündnisgrünen eine Debatte um Schwarz-Grün am Hals.
Die Grünen wildern ziemlich ungeniert und erfolgreich in den städtischen bürgerlichen Milieus, was natürlich legitim ist. Sie gewinnen Wähler, die vorher eher bei der Union verortet waren. Doch vorbehaltlos über andere Bündnisse als mit den nicht gerade kraftstrotzenden Sozialdemokraten nachzusinnen, verbieten sie sich als politisch unkorrekt. Freilich könnten die Grünen durch ein entsprechendes Wahlergebnis 2013 zur Emanzipation von der SPD gezwungen werden.
Von Reinhard Zweigler