Herrgottsakra, was sind denn das für irre Diskussionen? „Zwei Tage mehr Weihnachtsferien, um das Fest der Liebe vor Corona zu schützen?“, fragte diese Woche die Deutsche Presse-Agentur. Was für eine Frage! Das Fest der Liebe und Corona? Geht gar nicht. Steht das Fest nicht unter besonderem Schutz? Und wieso kann sich Weihnachten überhaupt anstecken? Und: Wessen Liebe? Beziehungsweise die Liebe zu wem? Wohl nicht zu Corona. Und zum Nächsten doch wohl auch nicht, denn der könnte doch das Virus in sich tragen. Fragen über Fragen. Gottesdienste sind kein Freizeitvergnügen: „Abstand halten auf Niedersächsisch“, hämmert uns derweil die Landesregierung in einer Kampagne mit landesweit bekannten Komikern ein, während Kneipen, Museen und Bordelle geschlossen bleiben. Wenigstens die Kirchen sind noch offen. Gottesdienste seien ja auch kein Freizeitvergnügen, hat kürzlich unser Corona-Regent, Ministerpräsident Stephan Weil, gesagt. Recht hat er. Früher, als die Bußprediger noch die Kanzeln entern durften und die Theologen keine Entertainer waren, waren die Gottesdienste amüsanter. Na, wenigstens das Krippenkind bleibt virenfrei. „... in hundert Jahr ist alles weg ...“: Übrigens ist der Laschet, der Kanzler werden will, bei der Diskussion um die vorgezogenen Weihnachtsferien mal wieder vorgeprescht. Einer von diesen Zaunkönigen prescht immer vor. „Prompt regte sich Protest“, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Die Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gab zu Protokoll: „Aus Sicht der Familien kann die Maßnahme nur dann sinnvoll sein, wenn die Betreuung der Kinder gesichert ist und wenn sie wirklich die Zeit als vorgezogene Quarantäne nutzen, um zum Weihnachtsfest möglichst infektionsfrei zu sein.“ Mein Gott, jetzt ist die GEW schon für die Familienhygiene zuständig? Wo leben wir denn? Irre Zeiten. Und alle werden immer verrückter. Drum lasst uns in der karnevalsfreien Zeit uns wenigstens virtuell in die Arme fallen, etwas herumschunkeln und singen (ja, verdammt noch mal: singen!): „Heile, heile Gänsje, ist bald wieder gut. Kätzje hot e Schwänzje, ist bald wieder gut. Heile, heile Mausespeck, In hundert Jahr ist alles weg!“ Neger hieß der Mann, der solches sang. Geht heute auch nicht mehr. Vorfreude auf Trumps Abgang: Größer als die Vorfreude auf Weihnachten ist die Vorfreude auf die Bilder, wie Donald Trump das Weiße Haus verlässt. Wie bringen sie ihn heraus? In einem Golf-Caddy? In Handschellen? Was macht er ohne Präsidentenhubschrauber, der in gleißendem Gegenlicht in unendlich weite Fernen entschwindet? Was machen seine Gläubiger? Aber ist doch interessant, dass die größten Sympathen dieser noch unerlösten Welt, Putin und Erdogan, dem Wahlsieger Joe Biden noch nicht gratuliert haben. Der ist einfach zu höflich für diese „Das sind noch echte Männer“- und Egomanen-Welt. Diesmal ironiefrei: God bless America. Der zivilisatorische Gewinn: Aber abseits allen Ärgers über dieses verdammte Virus und die Reaktionen der Hysteriker, Blockwarte, aber auch der angeblichen Querdenker und Quertreiber: Ist doch ein gewaltiger zivilisatorischer Fortschritt, dass alle ein wenig zurückstecken, um die wirklich Verletzlichen zu schützen! Wie Weihnachten. Von Michael B. Berger