Nach dem Aus für Gorleben wird die Suche neu aufgerollt

Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Müll in Deutschland fängt ganz neu an. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) bestätigte am Montag, dass der Standort Gorleben nach geologischen Kriterien ausgeschieden ist. Sie präsentierte eine Karte mit 90 Gebieten, die aus rein geologischen Gründen für ein unterirdisches Lager in Frage kommen könnten. Diese Gebieten machen zusammen 54 Prozent der Fläche der gesamten Bundesrepublik aus. „Ein Teilgebiet ist noch lange kein Endlager“, betonte BGE-Geschäftsführer Stefan Studt. Gorleben hat 2 Milliarden gekostet: Für die Erkundung des Standortes Gorleben sind seit den Siebziger jahren etwa 2 Milliarden Euro ausgegeben worden. Die Herausnahme Gorlebens aus dem Suchverfahren löste sofort Proteste in Bayern aus, dessen Umweltminister Thorsten Glauber das ganze Suchverfahren infrage stellte ( „hier wird wild im Land herumgesucht“), während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine kritisch-konstruktive Begleitung zusicherte: „Das wird aber kein Ja-Amen-Prozess“. In Niedersachsen begrüßte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Entscheidung der BGE, die große Erleichterung ausgelöst habe. Gesucht wird ein neues Endlager in Salz-, Ton- oder Granitformationen, wobei 74 Teilgebiete in Salzstöcken bestehen, die vor allem im Norden Deutschlands zu finden sind. Neun Teilgebiete stellen Tongesteinslagen dar, die sich in 12 Bundesländern finden, und sieben in Granitlagen, die vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und Sachen zu finden sind. Der Suchprozess soll nach der bisherigen Planung 2031 abgeschlossen sein, das Lager 2050 eröffnet werden. Braunschweig schert bereits aus: Niedersachsens Ministerpräsident Weil wie auch Umweltminister Olaf Lies (SPD) betonten, dass ihr Bundesland mit der Herausnahme Gorlebens noch nicht aus der Verantwortung sei. „Sollte wider Erwarten der best geeignetste Standort in Niedersachsen liegen, würden wir dieses Ergebnis akzeptieren, das erwarte ich aber auch von allen anderen Ländern“, sagte Weil. Ein Großteil Niedersachsens kommt zumindest geologisch für ein Atommüll-Endlager infrage. Die Karte der BGE mit den prinzipiell geeigneten „Teilgebieten“ betrifft 45 Landkreise in Niedersachsen – von Cuxhaven im Norden bis Göttingen im Süden. Die SPD in Braunschweig machte bereits deutlich, dass sie kein Endlager will – und wies auf das bestehende Atomülllager Asse bei Wolfenbüttel und den Schacht Konrad bei Salzgitter hin, der nach wie vor als Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Müll dienen soll. Etwas konkretere Ergebnisse frühestens in einem Jahr: Erste, etwas konkretere Ergebnisse der Endlagersuche sind frühestens in einem Jahr zu erwarten – nach vier Teilgebietskonferenzen, in denen auch Einwände der potenziell betroffenen Regionen erörtert werden sollen. In einem Filterverfahren sollen dann immer mehr der 90 Teilgebiete ausgeschlossen werden. Dichte Besiedelung, das Vorhandensein von Naturschutzgebieten oder Kulturdenkmälern sind weitere Ausschlussgründe. Über die Auswahl von zuerst oberirdischen Erkundungsstätten und dann unterirdischen Zielorten entscheidet jeweils der Bundestag. Wolfgang Ehmke von der Bürgerinititiave Umweltschutz Lüchow-Dannenberg zeigte sich erleichtert über die beschlossene Herausnahme Gorlebens aus dem Suchverfahren: „Der Bann ist gebrochen.“ Allerdings wolle er nicht in Jubel ausbrechen. Jochen Stay von der Anti-Atom-Initiative „Ausgestrahlt“ übte Kritik am Verfahren: Es sei ein „politischer Aushandlungsprozess“ gewesen, bei dem es den Landesregierungen darum gegangen sei, das eigene Gebiet zu schützen. Sorgenvoll blickt Niedersachsens Bauernverband auf das neue Suchverfahren. „Für viele Gebiete in Niedersachsen beginnen jetzt schwierige Zeiten“, meinte Landvolk-Vize Ulrich Lohr. Lesen Sie auch Überraschende Wende: Gorleben soll kein Atommüllendlager werden Von Michael B. Berger