„Wir sollten die V-Leute des Verfassungsschutzes aus den Führungsetagen der NPD abziehen – und zwar unverzüglich.“ Dies sei eine der wesentlichen Voraussetzungen für ein Verbot der extremistischen Partei, sagte Schünemann dieser Zeitung.
Am 22. März kommen die Innenminister von Bund und Ländern zu einer Konferenz in Berlin zusammen, die sich allein auf das künftige Vorgehen gegen die NPD konzentriert. Der Niedersachse Schünemann koordiniert derzeit den Kurs der unionsregierten Bundesländer.
Im Jahr 2003 war ein Verbot der NPD daran gescheitert, dass sich V-Leute des Verfassungsschutzes in Führungskreisen der Partei befanden. Das Verfassungsgericht hatte deswegen den Verbotsantrag abgelehnt.
Schünemann erwartet, dass die Innenminister über einen neuen Verbotsantrag in einem halben Jahr entscheiden: „Im Herbst 2012 wird das Ganze ernst.“ Die Behörden müssten erst einmal ein halbes Jahr lang neues Material sammeln, das nicht wegen Mitwirkung von V-Leuten an führender Stelle juristisch fragwürdig sei. Dann werde geprüft, ob das für ein neues Verbotsverfahren ausreiche. „Denn ein erneutes Scheitern vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe wäre für unseren Staat der Super-GAU.“
Ein Verbot der NPD lässt sich laut Schünemann nicht allein auf Hinweise stützen, dass auch Mitglieder der Terrorgruppe NSU in Kontakt mit höheren NPD-Funktionären standen. „Wenn es gerichtsfeste Beweise für breite Verbindungen gäbe, dann könnte man ein Verbot schnell durchsetzen. Dass aber etwa einer der Terroristen als Fahrer eines NPD-Funktionärs diente, reicht für ein Parteiverbot noch nicht aus.“
Alle Vertrauensleute aus der NPD abzuziehen, wie es Oppositionspolitiker fordern, wäre nach Schünemanns Worten unverantwortlich. „Wir erfahren durch die V-Leute in unteren Ebenen noch immer eine ganze Menge aus dem rechtsextremistischen Bereich.“ Die NPD nur von außen zu observieren, ist nach Schünemanns Worten „sehr aufwendig, aber längst nicht so effektiv“.
Unterdessen bestätigte die Polizei in Koblenz, dass am Dienstag 33 Häuser und Wohnungen von mehreren NPD-Mitgliedern durchsucht wurden – in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg. Es wurden 24 Haftbefehle erlassen, alle wurden laut Polizei mittlerweile vollstreckt. Die Aktion richtete sich vor allem gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ und dessen Zentrum, das sogenannte „Braune Haus“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Polizei stellte zahlreiche Gegenstände sicher, darunter vor allem Schriftstücke und Datenträger.