Burgdorf: Corona-Schnelltests beginnen in Wohnheim für Menschen mit Behinderung

Mehr Sicherheit für Bewohner und Mitarbeiter – das verspricht sich Markus Weecks, Leiter der Lebenshilfe-Wohnstätten in Burgdorf, von den Corona-Schnelltests. Seit einer Woche stehen sie auch den Einrichtungen zur Verfügung, in denen Menschen mit einer Behinderung wohnen. Für Weecks bedeuten die Tests einen weiteren Baustein beim Infektionsschutz, um den sich Bewohner und Mitarbeiter seit Beginn der Pandemie gleichermaßen bemühen. Mit Erfolg: „Wir hatten bisher keinen einzigen Corona-Fall zu verzeichnen.“ In diesem Satz schwingt die große Erleichterung darüber mit, dass alle Beteiligten das bisherige Konzept mittragen und unterstützen. „Wenn in einer solch großen Einrichtung, wie im Haupthaus mit 40 Plätzen, das Virus grassiert, bekommen wir ein großes Problem“, sagt Weecks, der im April und damit mitten im ersten Lockdown seine Arbeit aufgenommen hatte. Insgesamt gibt es mehr als 60 Plätze der Lebenshilfe im Stadtgebiet, und an jedem Ort, sagt der Leiter, ziehen alle an einem Strang. Dabei hatten die Bewohner und ihre Betreuer in diesem Jahr durchaus Situationen zu managen, die sie sich zuvor gar nicht hätten vorstellen können. Werkstätten öffnen nicht – die Tagesstruktur bricht weg: So durften Bewohner, die vor dem Lockdown ihre Angehörigen besucht hatten, nicht mehr zurückkehren. Über Tage und manchmal Wochen harrten sie aus, denn auch die Werkstätten blieben geschlossen – und damit verschwand ein wichtiger Lebensmittelpunkt für die Bewohner. Erst nach und nach entwickelte sich das, was Mitarbeiter und Bewohner als neue Normalität kennen gelernt haben und von der Weecks hofft, dass sie kein Dauerzustand wird. „Im Lockdown haben wir sinnvolle Beschäftigungen gesucht, Gemüsebeete angelegt oder gemeinsam gekocht“, sagt er. Wobei jedes Team sich noch immer nur in seinem Bereich aufhalten dürfe, eine Regelung, die auch die Angehörigen respektieren. Schließlich durften die Werkstätten wieder öffnen, die Beschäftigten arbeiten seitdem jede zweite Woche. „Die Menschen gehen gern arbeiten, das ist ihre bekannte Struktur.“ Umso wichtiger sei es gewesen, dass die Betreuer für die freie Woche einen Plan mit sinnvollen Aufgaben entwickelt hätten. Ein Team verzichte seitdem auf die Anlieferung von Essen und koche selbst. Andere legten Gemüsebeete an, unternahmen Radtouren oder bastelten Dekorationen wie Adventskränze. „Ich glaube, in unseren Häusern sind noch nie so viele Kuchen und Kekse gebacken worden wie in diesem Jahr“, sagt Weecks. Er lächelt. Erfolgreicher Kampf um die Gleichbehandlung: Gerade in dieser unsicheren Zeit brauchen vor allem die Menschen mit Behinderung eine Sicherheit. Das Büro für leichte Sprache übersetzte deshalb die Corona-Auflagen in verständliches Deutsch. Piktogramme zeigen die Regeln wie Maskentragen auf dem Parkplatz oder das Desinfizieren der Hände beim Betreten der Räume. „Das funktioniert alles Hand in Hand, auch dank der Angehörigen“, sagt Weecks. Sie müssten sich bei Besuchen in Listen eintragen, sofort in das Bewohnerzimmer gehen und im Zweifelsfall auf den Besuch verzichten. Im Gespräch bleiben mit allen, das sei die enorme Herausforderung gewesen, bilanziert der Leiter. Aber: „Jeder möchte die Menschen schützen, das führt hier zu einer großen Kompromissbereitschaft, ohne zu jammern.“ Deshalb ziehe er vor jedem Angehörigen den Hut. Umso mehr bedauert er, dass die Menschen mit einer geistigen Behinderung bei politischen Entscheidungen offensichtlich nicht genug im Fokus standen. Jüngstes Beispiel seien die Schnelltests, die ein Mehr an Sicherheit geben sollen. Sie galten zunächst für Alten- und Pflegeheime, „aber wir sind eben beides nicht“. Immer wieder kämpfe die Geschäftsführung der Lebenshilfe um die Gleichstellung, mit Erfolg, aber auch mit großer Kraftanstrengung. Weecks hofft auf eine weitgehende Rückkehr zu dem Leben vor der Pandemie, und das aus einem ganz pragmatischen Grund: „Manche Kollegen kenne ich bisher nur aus virtuellen Runden, da freue ich mich auf den ersten persönlichen Kontakt.“ Von Antje Bismark