Burgdorf: Geschäftsführer von Edeka Cramer im Interview

Seit Tagen herrscht in den Supermärkten Ausnahmezustand – so auch in den sieben E-Centern und den beiden Edeka-Märkten, die die Unternehmerfamilie Cramer in der Region Hannover betreibt. Im Interview mit Redakteurin Antje Bismark spricht Geschäftsführer Sebastian Cramer über Öffnungszeiten am Sonntag, Nachschub von Klopapier – und Kunden, die immer unhöflicher werden. Herr Cramer, schlägt das Händlerherz höher angesichts des Kundenansturms in diesen Tagen? Nein, diese Notstandslage macht weder unseren Mitarbeitern noch uns Spaß. Weihnachten und Ostern – da haben wir auch viel zu tun und großen Stress, aber das ist für uns positiv besetzt. Jetzt ist es Krisenmanagement, und das hat nichts mehr mit dem Handel zu tun. Wie reagieren Sie als Unternehmer auf die scheinbar täglich wachsende Nachfrage? Zum einen stellen wir massiv neue Mitarbeiter, vor allem Studenten, ein, um die Kollegen zu entlasten. Die Zahl der Beschäftigten steigt von Tag zu Tag. Zum anderen ordern wir bei bestimmten Warengruppen mehr Artikel als sonst, aber das hat natürlich seine Grenzen, weil das auch alle anderen Händler so handhaben. Die Edeka-Gruppe wird von drei Lagern beliefert, von dort erhalten wir ohnehin schon mehr von diesen relevanten Artikeln, als wir normalerweise verkaufen. Weil dies nicht reicht, kaufen wir Nudeln, Toilettenpapier und Seife bei einem weiteren Lieferanten, nicht der Edeka. Außer Toilettenpapier: Welche Artikel gelten noch als relevant? Das ändert sich von Tag zu Tag, aber ganz oben steht natürlich Desinfektionsmittel. Wenn wir das einräumen, ist es sofort weg. Dazu gehören auch Mehl, Nudeln, Reis und Seife. Wir haben eine sehr große Vielfalt an Artikeln, aber im Moment wird jede Variante gekauft. Rationieren Sie bereits Ware? Die Kunden können aus bestimmten Warengruppen nur eine gewisse Anzahl kaufen, also beispielsweise zwei Dosen Fertigsuppen. Das betrifft unter anderem Konserven, Toilettenpapier, Nudeln und Desinfektionsmittel. Wir kommunizieren das offen. Wie reagieren die Kunden auf leere Regale und vorgeschriebene Mengen? Der Ton der Kunden untereinander wird rauer und der gegenüber unseren Mitarbeitern auch. Mit welchen Maßnahmen schützen Sie Ihre Beschäftigten? Unsere Marktleiter sind gefordert, alle getroffenen Maßnahmen umzusetzen und unsere Mitarbeiter zu unterstützen. Jeden Morgen haben wir eine Videokonferenz mit allen Marktleitern, um uns auszutauschen und voneinander zu lernen. Wir versuchen zu deeskalieren und sind permanent an dem Thema dran. Intern achten wir darauf, dass nur eine bestimmte Zahl an Kollegen zusammen Pause macht – und das möglichst im Freien. Dazu gibt es Essensstationen mit verpackten Lebensmitteln zum Frühstück, die wir den Mitarbeitern schenken. Wir probieren viele Sachen aus, denn die Gesundheit hat Priorität. Öffnen Sie am Sonntag, um die Situation zu entschärfen? Nach jetzigem Stand der Dinge wollen wir sonntags nicht öffnen. Die Mitarbeiter sind sehr stark beansprucht, sie brauchen den Sonntag, um sich erholen zu können. Diese Ruhe haben sich alle verdient. Wir erleben eine Situation, die wir uns alle vor zwei, drei Wochen nicht hätten vorstellen können, und bemühen uns, möglichst viele Menschen zu bedienen. Aber mehr geht im Moment nicht. Werden Sie wie andere Supermärkte einen Lieferservice einrichten? Das bekommen wir personell überhaupt nicht umgesetzt. Auf diesem Gebiet sind Ehrenamtliche gefragt, die sich anders organisieren und helfen können. Andere Märkte richten einen Bereich für Risikopatienten ein. Ist das eine Option? Nein, wir haben keine Mitarbeiter übrig, die zum Beispiel Bestellungen vorkonfektionieren und dann in einem separaten Bereich ausgeben können. Das ist nicht mehr zu leisten. Überall im Land haben die Tafeln die Arbeit eingestellt. Was machen Sie mit der Ware, die jetzt nicht mehr abgeholt wird? Wir haben Bereiche eingerichtet für die Ware, die sonst an die Tafel gegangen wäre. Diese Bereiche bleiben im Moment leer, weil nichts dafür da ist. Mit anderen Worten: Es gibt keine Ware, die jetzt nicht abgeholt wird. Das kann sich kurzfristig aber auch wieder ändern. Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was wäre das? Mein persönlicher Wunsch ist ein schnelles Ende von Corona, die Rückkehr zur Normalität. Denn im Moment kämpfen wir täglich gegen Windmühlenflügel. Lesen Sie dazu: Coronavirus: Das ändert sich jetzt alles in Burgdorf Wochenmarkt: Coronavirus stärkt die Nachfrage nach Bioprodukten Deshalb stellt die Tafel Burgdorf die Ausgabe wegen des Coronavirus ein Corona-Liveticker: Die Lage in der Region Hannover und in Niedersachsen im Überblick Von Antje Bismark

Burgdorf: Geschäftsführer von Edeka Cramer im Interview - Darum öffnen wir nicht am Sonntag