Burgdorf: Homeoffice im Hotel: Déjanil vermietet Zimmer in Corona-Lockdown als Büros

Das Déjanil im Gewerbegebiet Nordwest in Burgdorf ist ein Drei-Sterne-Superior-Hotel mit Bar, Sauna, Veranstaltungsräumen, schnellem Internet, günstig in Autobahnnähe gelegen. Ideal für Geschäftsreisende, Tagungen und Feiern – wäre da nicht die Corona-Krise. Damit das erst im September eröffnete Hotel den Lockdown wirtschaftlich überlebt, ist die Kreativität von Geschäftsführer Andreas Triebsch gefragt. Der offeriert Hotelzimmer jetzt für 49 Euro tageweise Menschen im Homeoffice, die jenseits von familiärem Trubel in Ruhe arbeiten wollen. Und einen Veranstaltungskalender für die kommenden Monate gibt es auch schon. „Es ist nicht die erste Krise, die die Hotellerie erlebt“, sagt Triebsch: „Doch in den vorhergehenden konnte man aktiv werden und hat es zusammen durchgestanden.“ Das sei diesmal anders, sagt der 50-jährige, der über Jahrzehnte hinweg reichlich Erfahrung in der Leitung von Hotels gesammelt hat. Die staatlichen Förderungen – ohnehin schmal, weil es keine Werte aus dem Vorjahr gibt – werden gegen das Kurzarbeitergeld aufgerechnet. Die KfW-Bank lehnte ein Darlehen für das neu gegründete Unternehmen rundweg ab. Noch bis Ende März reicht der Kredit der Hausbank: „Spätestens dann muss etwas passieren“, sagt Triebsch. Videokonferenz im Hotelzimmer: Und das will er nicht dem Zufall überlassen. Also geht er in die Offensive. „Die Idee, Zimmer fürs Homeoffice zu nutzen, hatte meine Frau“, sagt er. „Ich habe vor allem an die Menschen mit Familie und kleinen Kindern gedacht“, sagt Berit Triebsch. Wer also dringend einmal ungestört am Stück arbeiten muss, um ein dringendes Projekt fertig zu stellen – oder eine wichtige Videokonferenz absolvieren möchte, ohne dass die Katze durchs Bild läuft – kann ein mit Highspeed-Glasfaser-Internet ausgestattetes Zimmer zum Tagespreis mieten. Und natürlich auch das Bett für ein Nickerchen in der Mittagspause nutzen. „Einfach anrufen und reservieren, die Zeiten können wir dann absprechen“, sagt Geschäftsführer Triebsch. „Wenn jemand nachts eine Videokonferenz mit Geschäftspartnern im Ausland hat, kann er die Nacht dranhängen“, sagt seine Frau: „Dann benötigen wir aber eine Bescheinigung des Arbeitgebers, da momentan nur Geschäftsreisende übernachten dürfen.“ Mit dem Veranstaltungskalender erhofft sich Triebsch, bereits vor dem Tag der offenen Tür am 13. Juni Burgdorfer aufmerksam zu machen – denn in zwei Veranstaltungsräumen können auch Feiern durchgeführt werden, sobald es die Corona-Regeln wieder zulassen. Vorgesehen sind etwa Wohnmobil-Dinner, ein Langschläfer-Frühstück und Frank-Sinatra-Dinner-Shows. Hilfe kommt von Firmen in der Nachbarschaft: Auch den anderen Beherbergungsbetrieben in Burgdorf macht die Corona-Pandemie zu schaffen. „Wir beten, dass wir bald wieder ganz normal öffnen können“, sagt Ali Ayhan. Wie alle anderen Hotels darf das familiär geführte Hotel Ayhan an der Otto-Hahn-Straße, zu dem auch Restaurant und Festsaal gehören, zwar Geschäftsreisende beherbergen, doch auch die sind zurzeit selten. „Die Firmen sind zurückhaltend“, sagt Ayhan. Umso mehr freue er sich über jeden Kunden, der den Weg zu ihm findet – manche davon kommen über Vermittlung von benachbarten Firmen. „Es ist gut, dass man sich wenigstens gegenseitig hilft“, sagt er. Neue Stühle noch ungenutzt: „2019 hatten wir so viel zu tun, dass wir nicht wussten, wie wir es bewältigen sollten. Da hätten wir uns die Situation von heute nicht träumen lassen“, sagt Ruth Schewe, Inhaberin des Gasthauses Haase in Ahrbeck. Da das Haus als Familienbetrieb geführt wird, sei die Situation gottlob nicht existenzbedrohend – unschön aber allemal. Gerade weil es so gut lief vor Corona, hatten Schewe und ihr Bruder Heinz-Albert Haase kräftig investiert: 2018 wurde das Hotel um einen Anbau erweitert, danach eine neue Küche und Bestuhlung für den Gastraum angeschafft. „Ich habe da jetzt lauter neue Stühle stehen, auf denen noch keiner gesessen hat“, sagt Schewe traurig. Vier Angestellten gekündigt: „Das ist für alle ein dickes Brett“, sagt Oliver Schünemann vom Hotel am Försterberg. „Die Hilfen helfen schon gewaltig, wenn sie ankommen“ sagt er. Mitnichten aber sei die finanzielle Lage zu vergleichen mit einem normalgehenden Geschäftsbetrieb. Die Folge: Vier Angestellte mussten gekündigt werden, Schünemann und seine Frau wuppen den Laden im Alleingang. Das ist nur machbar dadurch, dass es aktuell viel weniger Gäste gibt. „Es ist gut, dass wir vom Fach sind und vieles selbst machen können“, sagt Schünemann: „Wichtig ist, zu zeigen, dass wir da sind.“ Feiern fehlen: Wie Schünemann rechnet auch Elmar Schulz vom Gasthaus und Hotel Bähre in Ehlershausen nicht damit, dass Hotel schnell wieder komplett öffnen dürfen: „Vor frühestens Anfang April wird das nichts werden, das muss man realistisch sehen.“ Unter der Woche laufe es dank übernachtender Monteure ganz gut, aber die privaten Übernachtungen am Wochenende in Verbindung mit Feiern fehlten einfach. Dazu kommen Gedanken, ob sein Personal mit den Einkünften aus der Kurzarbeit über die Runden kommt: „Gastronomie ist eben nicht die fürchterlich gut bezahlte Branche, sodass auch die Trinkgelder in das monatliche Budget eingerechnet werden.“ Confour Hotel hofft auf Messen noch in diesem Jahr: „Die Situation ist dramatisch“, sagt Kamel Saha, Geschäftsführer des Hotels Confour in Hülptingsen. Das Haus ist auf Messegäste ausgelegt, und die fehlen schmerzlich. Um so bitterer sei es, Kunden abweisen zu müssen – wie ein italienisches Ehepaar, das auf der Fahrt nach Belgien eine Übernachtung im Confour Hotel via Internet gebucht, aber nicht gewusst hatte, dass Hotels in Deutschland gerade nur Geschäftskunden über Nacht beherbergen dürfen. „Es tat uns fürchterlich leid, aber wir durften sie nicht aufnehmen.“ Angesichts der prekären Lage hofft Saha sehr, dass noch in diesem Jahr in Hannover wieder Messen stattfinden dürfen. „Wir haben seit 2019 so viel aufgebaut. Es ist schlimm zu sehen, dass man jetzt gar nichts gegen die Situation tun kann“, sagt Saha. Ein kleiner Lichtblick: Die zum Hotel gehörige Tennishalle darf unter strengen Auflagen weiter genutzt werden. Von Sandra Köhler