Coronavirus in Burgdorf: Interview mit Dennis Heuer von der Feuerwehr

Das öffentliche Leben ist auch in Burgdorf lahmgelegt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Aber es gibt Menschen, die wollen und müssen im Notfall auf jeden Fall für andere da sein. Dazu gehören die Freiwilligen Feuerwehren, die erst am Mittwochabend einen Wohnungsbrand löschen mussten. Im Interview erklärt Stadtbrandmeister Dennis-Frederik Heuer, wie die Verantwortlichen auf die aktuelle Krise reagieren und wie sich die Ehrenamtlichen im Einsatz schützen. Unfall, Hilfeleistung, Brand – lässt sich bei solchen Einsätzen der geforderte Mindestabstand halten? Nein, das geht natürlich nicht. Aber: Wir haben unterschiedliche Handlungsabläufe für die Einsatzkräfte entwickelt, damit sie sich möglichst vor einer Infizierung schützen können. Bei einem Einsatz gilt jetzt, dass die Besatzung des zuerst eintreffenden Fahrzeugs die erste Erkundung übernimmt. Alle anderen warten in den anderen Fahrzeugen, ob weitere Unterstützung benötigt wird. Erst dann steigen sie aus. Damit reduzieren wir das Infektionsrisiko massiv an dieser Stelle, gerade wenn mehrere Ortsfeuerwehren beteiligt sind. Am Mittwoch mussten Sie dieses Konzept beim Brand umsetzen. Hat das funktioniert? Weitestgehend ja. Im Einsatz waren ja 64 Freiwillige mit 16 Fahrzeugen aus Burgdorf, Hülptingsen, Dachtmissen, Weferlingsen und Otze sowie zwei Feuerwehrleute zur Unterstützung aus Heeßel. Sie mussten sich bei ihren Fahrzeugen aufhalten, das hat gut geklappt. Zudem haben wir die Kräfte, die nicht benötigt wurden, sehr schnell wieder nach Hause geschickt – damit sie sich nicht infizieren. Und wir haben immer versucht, im Gespräch den Abstand von zwei Metern zu wahren. Zu den häufigsten Einsätzen gehören hilflose Personen. Wie sieht ein Einsatz dort aus? In solchen Fällen gilt, dass wir zunächst nur die Tür des Hauses oder der Wohnung öffnen – aber die Räume nicht betreten. Das übernimmt der Rettungsdienst. Und erst wenn dessen Mitarbeiter grünes Licht geben, gehen wir in die Wohnung und helfen beispielsweise beim Tragen des Patienten. Dafür gibt es in den Rettungswagen die entsprechende Schutzkleidung, die wir überziehen. Aber auch hier gilt: Wir frieren das sonst übliche Einsatzgeschehen ein. Reicht die Schutzkleidung? Nach meinen Informationen: Ja. Allerdings kann ich nicht auf persönliche Erfahrungen zurückgreifen, sondern auf die anderer Feuerwehren und auf die Aussagen der Rettungsdienst-Mitarbeiter. Inwieweit arbeiten Sie mit den anderen Feuerwehren zusammen? Wir stimmen uns ab, und deshalb haben wir unmittelbar nach Lehrte und Sehnde den Übungsbetrieb eingestellt und Veranstaltungen abgesagt – deutlich schneller, als es die Stadtverwaltung erwartet hatte. Aber die Einsatzbereitschaft hat für uns nun einmal höchste Priorität. Wie sichern Sie in einer Zeit stark zunehmender Infektionszahlen die Einsatzbereitschaft? Zunächst einmal gibt es in unseren Reihen noch keinen Infizierten, der aktiv ist. Dann geben wir natürlich die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zur Hygiene weiter, und wir setzen eben den kompletten Übungsbetrieb aus. Vor allem, und das ist in der jetzigen Zeit fast das Wichtigste, haben sich die Ortsfeuerwehr Burgdorf und die in Heeßel so organisiert, dass bei einem Alarm immer nur eine Teileinheit losfährt. Die andere befindet sich dann in Wartestellung, aber nicht im Feuerwehrhaus, sondern beispielsweise zu Hause. Das hat sich im Mittwochabend weitestgehend als praktikabel erwiesen. Worin liegt der Vorteil? Wir haben die Feuerwehr geteilt, so dass jetzt bei einem Alarm nicht 30 bis 40, sondern nur 15 bis 20 Einsatzkräfte in die Wache fahren. Sie übernehmen die Ersterkundung und die Einsatzabwicklung oder würden bei Bedarf nachalarmieren. Auf diese Weise reduzieren wir die Kontakte und damit das Infektionsrisiko und versuchen zu verhindern, dass eine Ortsfeuerwehr komplett ausfällt. Wie reagieren die Mitglieder auf die neue Organisation? Im Moment arbeiten ja viele im Homeoffice, wären also theoretisch auch tagsüber einsatzbereit. Da muss man dann dem einen oder der anderen sagen, dass sie in dieser Woche nicht im Dienst sind. Aber letztlich sieht es jeder ein – vielen fehlt allerdings inzwischen auch der Übungsbetrieb, bei dem sie die Kameraden sehen und sich austauschen können. Von einer solchen Tagesbereitschaft träumen Feuerwehrchefs ja normalerweise. Jein, nicht jeder kann jederzeit das Homeoffice für eine Einsatz verlassen. Andere betreuen die Kinder zu Hause, weil sie zwar in systemrelevanten Berufen arbeiten und damit einen Anspruch auf die Notbetreuung hätten – sie sehen aber Schule oder Kita als Infektionsgefahr an. Deshalb: Wir haben momentan mehr Feuerwehrleute in den Ortschaften auch tagsüber, aber nicht alle sind sofort verfügbar. Können Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr denn ihre Kinder für die Notbetreuung anmelden? Sollte es ein Problem mit der Einsatzbereitschaft geben, dann hat uns das Ordnungsamt seine Unterstützung dabei angeboten. Was können Burgdorfer tun, um Sie zu entlasten? Es ist sicherlich schlau, einmal die Batterien der Rauchmelder zu überprüfen. Und wer Kontakt mit Coronavirus-Infizierten hatte, sollte dies offen kommunizieren – um uns zu schützen. Aber es zeigt sich auch, dass die Burgdorfer sehr bedacht in der jetzigen Situation agieren. Denn die Zahl der Einsätze steigt bislang nicht, obwohl so viele derzeit zu Hause sind. Wenn das so bleibt, wäre das für alle in dieser Stadt gut. Lesen Sie dazu: Coronavirus: Ärzte setzen verstärkt auf Videosprechstunde Corona-Liveticker: Die aktuelle Lage in der Region Hannover und in Niedersachsen In Zeiten von Corona: Kleingärtner zieht es in die grünen Oasen Von Antje Bismark