Lehrte: So viele Besucher wie nie bei Nabu-Fledermauswanderung

Noch sind es Schwalben, die auf der Suche nach Insekten durch den Himmel über dem Gut Adolphshof jagen, als die ersten Besucher gegen 20 Uhr eintrudeln. Aus rund 80 Personen – viele Eltern und Großeltern mit Kindern sind darunter – besteht die für eine Fledermauswanderung rekordverdächtige Kulisse. Der Fledermaus-Regionalbeauftragte des Nabu, Bernd Rose, begrüßt die Naturfreunde. Pünktlich ab 21.30 Uhr, „wenn die Schwalben zu Bett gehen“, so verspricht er, wird an den nahen Fischteichen der Auftritt der Stars dieser Nacht beginnen. Zuerst würden die nur sieben bis neun Gramm schweren Zwergfledermäuse mit 24 Zentimetern Spannweite ihre luftigen Flugkünste demonstrieren. Anschließend jagen die etwas größeren Wasserfledermäuse dicht über der Wasseroberfläche. Willkommene Abwechslung zu Corona-Zeiten: Von einem Hauch von Mystik und Schauer umgeben üben die lautlos fliegenden Säugetiere auf Klein und Groß eine ganz spezielle Faszination aus – egal, ob die nun durch Vampire oder Batman bedingt ist. Am Freitagabend ist es aber auch die ansonsten coronabedingt ereignisarme Ferienzeit, die den Fledermaus-Hype auslöst. „Ich habe ja sonst nichts zu tun“, sagt die achtjährige Celia aus Rethmar, die als Ferienlektüre schon eine dicke Nabu-Broschüre über Fledermäuse in ihrem Rucksack verstaut hat und sich nun auf die persönliche Begegnung mit den Tieren freut. Fledermaus-Babys sind gerade zwei Wochen alt: Bis es losgeht, gibt es separate Einführungen ins Thema. Rose berichtet von einem „dramatischen Rückgang“ der Insekten, der seinen Schützlingen gerade jetzt zu schaffen mache, wo die etwa zwei Wochen alten Fledermausbabys satt werden müssen. Sein Hinweis löst einen Run auf die ausliegenden Unterschriftenlisten für das Volksbegehren Artenvielfalt aus, das der Nabu mitinitiiert hat. Fledermäuse fliegen mit den Händen: Nabu-Jugendwart Hans-Jürgen Sessner zieht derweil seine Naturkundestunde als Ratespiel durch. Was machen Fledermäuse im Sommer? Lian (6) hat gleich zwei richtige Antworten: „Essen und Kinder legen.“ Überrascht hat ihn dagegen, dass die Fledermäuse mit den Händen fliegen – die Finger spannen die dünne Flughaut der Flügel. „Das hätte ich auch nicht gedacht“, sagt Lian. Groß und Klein zwängen sich anschließend durch ein edel verklinkertes Portal, das der Naturschutzbund Burgdorf, Lehrte, Uetze 2019 renovieren lassen hat, finanziert mit 9000 Euro von der Bingo-Stiftung. Es führt zum unterirdischen Winterquartier der Fledermäuse auf dem Adolphshof. Und wer noch nicht hat, der oder die nimmt vor dem Aufbruch zu den Fischteichen noch eine Nase Fledermauskot-Aroma. Gar nicht so schlimm. Ultraschall-Staccato der Nachtjäger: Drei sogenannte Bat-Detektoren übertragen die für Menschen lautlosen hochfrequenten Ultraschallrufe der nächtlichen Jäger in für menschliche Ohren hörbare, auf- und abschwellende Klackerlaute. Dazu wandern die Lichtkegel von Taschenlampen und Smartphone-Leuchten über die schimmernde Oberfläche eines Riesenfischteichs, der sich in einem Waldstück abseits des Adolphshofs versteckt. Und wo diese rhythmischen Ortungsrufe sind, da sind auch Fledermäuse und die Beuteinsekten, die aufgespürt werden sollen, nicht weit. Gut eine Dreiviertelstunde lang lassen sich die Nachtwanderer von den flatternden Fledertieren faszinieren, die im Mückenwirbel Beute machen. „Sie sehen uns nicht als Feinde an.“ Rose flüstert jetzt seine Erläuterungen. Es könne vorkommen, dass eine Eule sich eine Fledermaus greift. Natürlich nur sehr selten. Mehr staunen seine jungen Zuhörer aber darüber, dass es auch bei Vampiren daheim „Tanten“ geben soll, die auf die Kinder aufpassen. Wenn die Mama mal nachts ausfliegt. Lesen Sie auch Nabu versteigert Nistkästen im Stadtmuseum Burgdorf Nabu-Experte erklärt, wie Obstbäume richtig gestutzt werden Nabu-Experte: Für Fledermäuse und Vögel wird Nahrung knapp Von Martin Lauber