Wie der Bauhof Schlaglöcher, Asphaltrisse und Stolperfallen in Burgdorf beseitigt

Wenn sich einer auskennt in der Stadt, dann ist es Uwe Mohrlüder. Dabei wohnt der 55-Jährige gar nicht in Burgdorf, sondern im benachbarten Großburgwedel. Dort lassen ihn Schlaglöcher kalt. In Burgdorf aber, wo er als Straßenkontrolleur auf dem Bauhof beschäftigt ist und deshalb regelmäßig alle Feldwege und Straßen abfährt, entgeht ihm kein Riss im Asphalt, keine Stolperfalle auf dem Gehweg, kein überbordender Wildkrautbewuchs in einer Gosse. Was er bei seinen Kontrollfahrten entdeckt, markiert er unerbittlich mit pinker Sprühkreide, damit die Kollegen die Schäden schleunigst beheben. Auf Mohrlüders Schultern lastet eine große Verantwortung. Gefahrenstellen, die seinem geübten Blick entgehen, können schlimme Folgen haben und die Gemeindeunfallkasse eine Stange Geld kosten. Denn die Kommune hat die Verkehrssicherungspflicht. Sie muss dafür Sorge tragen, dass vermeidbare Unfälle gar nicht erst geschehen. Und dass Menschen, so es sich verhindern lässt, nicht zu Schaden kommen. Obendrein hilft Mohrlüder, den Stadtsäckel zu schonen. Denn unentdeckte Risse und Löcher im Asphalt wachsen sich schnell zu großen aus. Und deren Reparatur käme die Stadt viel teurer, als wenn sie sie sofort beseitigt. Dabei ist Akribie gefragt. Mohrlüder ist mehrfach qualifiziert. Gelernt hat er ursprünglich das Dachdeckerhandwerk. Später sattelte er Straßen- und Tiefbau drauf und schließlich den PE-Schweißer-Schein für den Rohrleitungsbau. Vor fünf Jahren heuerte er beim Bauhof der Stadt Burgdorf an der Friederickenstraße an. „Hier ist alles top“, sagt er und meint damit seinen Chef Carsten Biedritzki und die Kollegen – 22 sind es mit ihm. Da lasse sich verschmerzen, dass er in der freien Bauwirtschaft locker 500 Euro mehr verdienen könnte. Auf Du mit jedem Schlagloch: An diesem Tag steuert Mohrlüder mal wieder die Südstadt an. Mit Tempo 20 durchkämmt er in seinem Crafter den Stadtteil. Er beschaut sich das Pflaster der Gehwege, hält Ausschau nach Büschen und Ästen, die in den Verkehrsraum hineinragen oder Schilder verdecken. Sein Blick scannt gewissermaßen die Straße in ihrer gesamten Breite. Das Klemmbrett mit dem Kontrollblatt liegt stets griffbereit. Mohrlüder dokumentiert alles, damit die Kollegen später wissen, was sie wo auszubessern haben. Die Theodor-Storm-Straße ist alles andere als in Topform. Ein Asphaltflicken reiht sich dort an den nächsten. Die Fahrbahndecke könnte gut eine Sanierung vertragen, findet auch Mohrlüder: „Die hat es wirklich mal nötig“, lautet sein fachmännisches Urteil. Aber das hat nicht er zu entscheiden. Altbestand wie diesen gibt es viel in der Stadt, längst nicht nur in der Südstadt. Alles zu sanieren, kann sich die Stadt gar nicht leisten. Chips flicken die Löcher und Risse auf den Fahrbahnen: Deshalb trägt Mohrlüder, sobald er ein Loch oder einen größeren Riss entdeckt, bevorzugt das Wörtchen „Chip“ zur betroffenen Straße in seinen Kontrollbogen ein. Chippen meint, dass die Schäden mit Asphalt auf Kunststoffbasis geflickt werden. Das hält dann wieder für eine Weile. Dabei ist Mohrlüder schon froh, dass sich die Technik im Straßenbau über die Jahre fortentwickelt hat. Nur weil der Unterbau heute viel stabiler sei als ehedem, könnten die Straßen das höhere Fahrzeugaufkommen tragen. In der Goethestraße vor dem Haus Nummer 2 stoppt Mohrlüder dann und springt aus dem Fahrzeug. Mit der Sprühdose markiert er ausgebrochene Pflastersteine am Gehwegrand. Solche finden sich auch im Rübezahlweg vor dem Haus Nummer 6. Besser die würden schnell wieder so verlegt, dass niemand sie aufheben kann und damit womöglich Fensterscheiben einwirft, meint der Kontrolleur. Tatsächlich hatten vor Wochen Unbekannte mit Pflastersteinen die Scheiben mehrerer Autos in der Südstadt eingeworfen und so erheblichen Schaden angerichtet. Dann geht es weiter: An der Straße Dammgartenfeld befindet sich eine Baustelle. Die Fahrzeuge haben den Gehweg vor dem Einfamilienhaus kaputt gefahren. Auch das hält Mohrlüder fest. Der Bauherr werde ein Schreiben von der Stadt erhalten mit der Aufforderung, den Gehweg wieder herrichten zu lassen. Im Paradiesweg wuchert derweil eine Hecke der Kleingärtner. Mohrlüder macht zu Dokumentationszwecken ein Foto mit dem Diensthandy. Da ist ein weiterer Brief des Ordnungsamtes fällig. „Sonst würden da ja überall kleine Bäume wachsen“: Auch die Gossen behält Burgdorfs Straßenkontrolleur im Blick. Wenn nötig, müssen die Kollegen mit der Kehrmaschine und dem Wildkräuterbesen anrücken. „Sonst würden da ja überall kleine Bäume wachsen“, sagt Mohrlüder, der für die Südstadt noch einen weiteren Tag braucht. Denn dort sei immer etwas zu reparieren. Zwei Tage seien nötig, um den ganzen Stadtteil zu kontrollieren – „wenn man es vernünftig macht“. 120 Kilometer schafft Mohrlüder am Tag mit seinem Dienstfahrzeug, auf dessen Fahrerkabine wegen der langsamen Fahrweise eine Kontrollleuchte blinkt. Lesen Sie auch: Burgdorf: Stadt will 11 Millionen Euro in Bauhof-Neubau invstieren Nach der Südstadt ist die Weststadt dran. Auch Feldwege fährt Mohrlüder ab, schon weil dort immer wieder Müll wild entsorgt werde. Traurig findet der 55-Jährige das. Bisweilen kommt er mit Bürgern ins Gespräch und erhält Tipps. Besonders wenn er in der Innenstadt unterwegs ist. Weil dort viel Verkehr herrscht und er mit Tempo 20 ein Verkehrshindernis wäre, geht er sie zu Fuß ab, manche Straße sogar zweimal in der Woche. Lesen Sie auch Burgdorf: Stadt will 11 Millionen Euro in Bauhof-Neubau invstieren Burgdorf Deponiebaustelle: Stadt wehrt sich gegen Vorwürfe Von Joachim Dege