Burgwedel: Archäologen nehmen Kleinburgwedel im Blick

Schlummern unter den Äckern zwischen Klein- und Großburgwedel die Überreste einer Festungsanlage aus grauer Vorzeit? Die Denkmalpfleger der Region Hannover vermuten dies. Sie haben der Stadt Burgwedel deshalb aufgetragen, bei den Vorarbeiten für das Neubaugebiet Im Lohfelde-West besonders gründlich auf Bodenfunde zu achten. Für die Erschließung bedeutet das eine deutliche Verzögerung – selbst, wenn am Ende nichts gefunden werden sollte. Luftaufnahmen deuten auf Festungsanlage hin: Die Anhaltspunkte haben sich aus Luftaufnahmen ergeben. „Auf einem Nachbargrundstück der Baugebietsfläche zeichnet sich eine Festungsanlage ab, mit kreisrundem Graben“, sagt Regionssprecher Klaus Abelmann nach Rücksprache mit der archäologischen Denkmalpflege seiner Behörde. In der Konsequenz sei auch im Plangebiet mit historischen Funden zu rechnen. „Wir wollen gucken lassen, was dort im Boden liegt“, sagt Abelmann. Die Betonung liegt dabei auf „gucken lassen“, denn selbst muss die Region jetzt nicht aktiv werden, sondern die Stadt. Diese muss eine denkmalrechtliche Genehmigung beantragen, die die Region dann unter Auflagen erteilen will. So wollen die Denkmalschützer sicherstellen, dass archäologische Funde auf der sanften Erhebung, die früher einmal von Mooren und Wäldern umgeben gewesen sein könnte, fachgerecht dokumentiert und geborgen werden. Stadt muss 7000 Kubikmeter Boden auskoffern: Wie die Stadt nun vorgehen soll, das hat sie bereits schriftlich vorliegen. Für Bauingenieur Alexej Wyshimok aus der Straßenbauabteilung ist das ein Novum: In seinen bisher fünf Jahren bei der Stadt sei ihm eine solch intensive Sondierung einer Fläche noch nicht untergekommen. Dass die Denkmalschützer bei der Erschließung eines Neubaugebietes involviert werden, sei üblich. Dann gucke ein Fachmann beim Wegschieben des Mutterbodens zu und suche nach Anzeichen wie Verfärbungen, die auf historische Funde deuteten. Für das Baugebiet in Kleinburgwedel hat die Region jedoch deutlich mehr angeordnet. Das Tiefbauunternehmen, das die Stadt beauftragt hat, soll ab Ende August in Streifen –jeweils fünf Meter breit und 200 Meter lang – den Mutterboden und den darunter liegenden Verbraunungshorizont – eine eisenhaltige Sandschicht – auskoffern. Bodenschichten müssen in der richtigen Reihenfolge zurück: Zusammen dürften beide Schichten rund 65 Zentimeter dick sein – das ergibt beachtliche 7000 Kubikmeter Aushub. Diesen muss der Baggerfahrer fein säuberlich getrennt zu beiden Seiten der Gräben auslegen und nach Abschluss der archäologischen Suche wieder nacheinander zurückschaufeln. Tue man dies nicht, so hätten die späteren Neubürger Probleme beim Wachstum ihrer Pflanzen in den Gärten, erläutert Wyshimok. Doch bis die Gräben wieder zugeschaufelt werden, haben erst einmal Mitarbeiter einer archäologischen Fachfirma das Sagen. Für sie ist der eiszeitliche Sandboden unter dem Verbraunungshorizont entscheidend, denn dort lassen sich die Spuren beispielsweise von Feuerstellen oder Überreste von Hauspfosten feststellen. Der Mutterboden hingegen sei für Archäologen uninteressant, erläutert Wyshimok: „Der wurde über Jahrhunderte kultiviert und ist ein durchgewühlter Brei.“ Bauingenieur: Mindestens zwei Monate Verzögerung: In seiner Brust schlagen bei diesem Thema zwei Herzen, sagt er. Als Bürger wäre er froh, wenn in Burgwedel historisch bedeutsame Funde gemacht würden. „Aber als Ingenieur will ich das Baugebiet möglichst schnell entwickeln.“ Unterm Strich bedeute allein die Sondierung eine Verzögerung von etwa zwei Monaten – und zwar ohne, dass überhaupt etwas gefunden werde. „Wenn die Fachleute hier etwas finden, dann verzögert sich alles weiter.“ Bei einem einzelnen Krug könne es schnell gehen, im Fall der Überreste eines Landhauses „kann das ewig dauern“, so Wyshimok. Vorausgesetzt, es bleibe bei der Sondierung, könnten im Oktober die etwa dreimonatigen Tiefbauarbeiten für Kanal und Baustraße beginnen. Dass das Nachbargrundstück, wo die Festungsanlage vermutet wird, ebenfalls derart gründlich durchsiebt wird, ist zumindest vorerst nicht geplant. Dieses Areal soll laut Regionssprecher Abelmann vorerst unberührt bleiben. So lange es dort keine Erdarbeiten gebe, könne auch nichts beschädigt werden. Ob die Region bei dieser Auffassung bleibt, wenn die Sondierung der Baugebietsfläche historisch bedeutsame Funde zutage fördert, bleibt abzuwarten. Von Frank Walter

Burgwedel: Archäologen nehmen Kleinburgwedel im Blick - Neubaugebiet verzögert sich