Burgwedel: Autofahrer flieht nach Unfall zu Fuß und landet im Gefängnis

Diese Flucht endete im Gefängnis: Das Amtsgericht Burgwedel hat einen jungen Autofahrer zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, ohne diese zur Bewährung auszusetzen. Und es kann für den Angeklagten noch schlimmer kommen. Das war passiert: Im November 2020 war der 30-Jährige mit seinem Wagen auf dem Weg von Isernhagen H.B. nach Burgwedel unterwegs. Gleich mehrere Autos fuhren in einer Kolonne hintereinander auf der Isernhägener Straße. Verkehrsbedingt mussten die Wagen abbremsen. Das entging dem Angeklagten. Nahezu ungebremst knallte er mit seinem Fahrzeug in das Heck des vor ihm fahrenden Autos. Kuriose Begründung für Unfallflucht: Doch statt sich um das Geschehene zu kümmern, suchte er möglichst fix das Weite. Er ließ seinen Wagen stehen und flüchtete zu Fuß. Dem Gericht präsentierte er später eine kuriose Erklärung für sein Verhalten. „Ich musste zur Arbeit, da hatte ich ein internes Bewerbungsgespräch“, sagte er dem Gericht. Allerdings: Auch in den Tagen nach dem Unfall meldete sich der Mann nicht bei der Polizei. Der gelang es erst nach einiger Zeit, den Fahrer des Wagens zu ermitteln, da das Auto nicht auf seinen Namen zugelassen war. Um auf Nummer sicher zu gehen, veranlasste die Polizei eine Untersuchung von DNA-Spuren auf dem Airbag-Kissen. Das Ergebnis: Die Experten des Landeskriminalamts konnten die gefundene DNA dem Unfallverursacher zuordnen. „Sie stimmt vollständig mit dem Angeklagten überein“, schrieben sie in ihrem Gutachten. Unfallgegnerin erlitt Schleudertrauma: Unfallgegner war eine 52-jährige Frau aus Isernhagen. Sie erlitt bei dem Unfall ein Schleudertrauma und handelte sich obendrein eine Menge Ärger ein, wie sich schnell herausstellen sollte. Denn: Augenscheinlich war der Wagen des Unfallverursachers nicht versichert. Die Frau drohte auf 11.500 Euro Reparaturkosten sitzen zu bleiben. Die beglich dann erst einmal die Vollkaskoversicherung. Nicht zum Tragen kam der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, der Unfallverursacher wäre alkoholisiert gewesen. „Das ist nicht nachzuweisen“, erklärte Richter Michael Siebrecht in der Verhandlung. Denn: Der Vorwurf beruhte ausschließlich auf der Beobachtung eines Zeugen. Der hatte bei der Polizei angegeben, dass der Unfallverursacher gelallt und sich torkelnd von der Unfallstelle entfernt habe. Ein Alkoholtest konnte nicht durchgeführt werden, da der Mann erst Tage später von der Polizei ermittelt werden konnte. Daraufhin ließ die Staatsanwältin diesen Vorwurf fallen. Es blieben aber auch so genügend Delikte übrig. Verurteilungen fast im Jahrestakt: Wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Führerschein, fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort forderte die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, ohne dass diese zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Denn: Seit 2009 war der Angeklagte Stammgast vor Gericht. Es folgten Verurteilungen fast im Jahrestakt. Darunter gleich mehrere wegen Fahrens ohne Führerschein. Trotzdem mochte Siebrecht dann nicht ganz so hart urteilen, wie es die Staatsanwältin gefordert hatte. Sein Urteilsspruch: Sechs Monate Freiheitsstrafe – ohne Bewährung. Außerdem erhielt der Angeklagte eine Führerscheinsperre von einem Jahr. „Da ist die Justiz relativ einfallslos“: Besonders bitter für den Angeklagten: Zwei Verurteilungen aus den Jahren 2018 und 2019 – beide wegen Fahrens ohne Führerschein – stehen noch unter Bewährung. „Es kann gut sein, dass das zuständige Gericht nach diesem Urteil die Bewährung aufhebt. Dann kommen noch einmal zwei und weitere vier Monate Freiheitsstrafe hinzu, und Sie müssen für ein Jahr ins Gefängnis“, erklärte Siebrecht dem Angeklagten. Und weiter: „Irgendwann ist auch mal Schluss mit Geld- oder Bewährungsstrafen. Da ist die Justiz relativ einfallslos.“ Von Thomas Oberdorfer