Burgwedel: Rechtes Gedankengut? So streitet die Politik über CDU-Posts

Eine Falle der AfD? Gedankenlosigkeit beim Teilen und Befürworten von Facebook-Posts zur Flüchtlingskrise? Meinungsfreiheit oder doch rechtes Gedankengut? Über diese Fragen streiten seit Tagen die CDU und die SPD in Burgwedel – längst hängt der Haussegen schief zwischen den großen Parteien in Burgwedels kleinem Ortsteil Fuhrberg, und die ersten Klagedrohungen stehen im Raum. Ausgelöst hat den Streit der CDU-Ortsverbandschef Frank Töllner, der bis zum Herbst vergangenen Jahres in sozialen Medien wie Facebook und Whatsapp etliche Posts veröffentlichte, teilte oder mit einem Like-Symbol versah, weil sie sich gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung und seiner Parteivorsitzenden richteten. Dazu gehörten auch Nachrichten von AfD-Politikern, die im Bundestag sitzen. Er beruft sich im Gespräch mit dieser Zeitung auf die Meinungsfreiheit, die diese Aussagen deckten. Gleichwohl unterließ Töllner das Verbreiten solcher Posts, nachdem die Jusos und einige Burgwedeler Sozialdemokraten das Thema im Herbst 2019 zunächst intern mit der CDU ansprachen. „In einer Demokratie muss man unterschiedliche Meinungen aushalten“: Die von Töllner verbreiteten oder goutierten Facebook-Nachrichten richten sich zum einen gegen die Migrationspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in einem Fall als „Lügnerin“ bezeichnet wird. In anderen geht es um vermeintlich kriminelle Einwanderer und „Gutmenschentum“ gegenüber türkischen Migranten. Zum anderen hat Töllner Posts verbreitet, die sich gegen die Grünen und die Fridays-for-Future-Bewegung richten. Die Grünen seien „Trickbetrüger, die auf Heimat und volkstümlich machten“ heißt es in einem Beitrag unter dem Bild der Grünen-Bundesspitze beim Oktoberfest. In einem anderen werden Greta Thunberg, Luisa Neubauer und Carola Rackete als „Gören aus reichem Hause“ bezeichnet. Der CDU-Stadtverbandschef Rainer Fredermann bestätigt, im Januar mit den Jusos gesprochen zu haben – zu der Zeit hatte sein Parteikollege die Posts von der Seite genommen. „Er hat mir die Zusage gegeben, dass er so etwas nicht mehr veröffentlicht“, sagt Fredermann, der nach eigenen Angaben längst nicht alle Seiten von CDU-Mitgliedern im Blick behalten könne. Gleichwohl stellt er sich vor Töllner: „In einer Demokratie muss man unterschiedliche Meinungen aushalten.“ Dränge eine Partei alle Menschen, die sich kritisch mit Migration auseinandersetzten, heraus, dann bestehe die Gefahr, dass sie zu den Populisten der AfD getrieben würden. Töllner, betont Fredermann, habe keinen Menschen persönlich angegriffen oder diffamiert, sondern sei vielmehr in eine Falle der AfD gelaufen. Eine Aussage, die weder Julian Kienast von den Jusos Burgwedel noch Andreas Strauch, Vorsitzender der Burgwedeler SPD, nachvollziehen können. Nach mehreren Gesprächen in kleiner Runde gingen sie nun doch an die Öffentlichkeit: „Je mehr solche Diffamierungen geäußert werden können, ohne dass von demokratischen Kräften klar dagegen Position bezogen wird, desto eher werden rechtsextreme Haltungen wieder hoffähig in Deutschland. Das halte ich für sehr gefährlich“, erklärt Strauch. Lesen Sie dazu auch: Kommentar: Der Streit ist keineswegs überflüssig Hendrik Hoppenstedt: „Keine Posts von der AfD liken“: Deshalb sprachen die Sozialdemokraten das Thema in der jüngsten Ortsratssitzung an – kassierten von Ortsbürgermeister Heinrich Neddermeyer aber eine Absage: „Aus meiner Sicht geht es hier schon um Wahlkampftaktik, die in einer solchen Sitzung nichts zu suchen hat“, sagt der CDU-Politiker. Indem die SPD, vor allem auch Mitglieder aus Fuhrberg, dieses Thema öffentlich machten, träten sie die 17 Jahre dauernde gute Zusammenarbeit im Dorf mit Füßen. Ihm gehe es um Sachpolitik wie Druckleitung und Baugebiete, nicht aber um diffamierende Aussagen gegen seinen Parteikollegen. Ganz anders beurteilt der CDU-Regionschef und Bundestagsabgeordnete Hendrik Hoppenstedt die Posts, vor allem die Zustimmung zum AfD-Bundestagsabgeordneten Johannes Huber. „Wir können nicht akzeptieren, dass Aussagen geliked werden, die von dieser in Teilen rechtsradikalen Partei kommen“, sagt Hoppenstedt, der zwischenzeitlich mit Töllner über dessen Aktivitäten in sozialen Netzwerken gesprochen hat. Er beurteile den Umgang mit Flüchtlingen im Jahr 2015 anders als Töllner. Doch wenn jener dies kritisch betrachten wolle, dann müsse er dies mit eigenen Worten darstellen: „Aber wenn wir in dem Zusammenhang einen AfD-Post unterstützen, dann machen wir diese Kräfte nur salonfähig anstatt sie als Brandstifter zu bekämpfen.“ In der rechten Ecke sieht auch Hoppenstedt den Fuhrberger CDU-Chef nicht, von dem er sich gleichwohl mehr Sensibilität für Inhalte wünscht. Töllner: Keine Diffamierung durch „lächerliche Studentenbande“: Der wiederum lässt nach eigenen Angaben prüfen, ob die gegen ihn erhobenen Vorwürfe justiziabel sind. „In meinem Unternehmen habe ich Syrer als Praktikanten beschäftigt, wir haben Au-Pairs in der Familie – mir Rassismus und Menschenverachtung zu unterstellen, ist eine Verleumdung“, sagt Töllner und fügt hinzu, er lasse sich nicht von einer „lächerlichen Studentenbande“ diffamieren. Deshalb stehe jetzt eine anwaltliche Beratung an, bei dem auch die von den Jusos und der SPD aufgeführten Screenshots seiner Posts beurteilt würden. Für den Fuhrberger Sozialdemokraten Thorsten Allert, der im Ortsrat das Thema ebenfalls platzierte, geht es um mehr als die Nachrichten aus den sozialen Netzwerken: „Gerade Fuhrberg kümmert sich um die Neubürger, vor allem um Migranten und Flüchtlinge, deshalb kann eine solche Sichtweise nicht hingenommen werden.“ Er plane deshalb Begegnungen, um die offene Gesellschaft zu fördern – aber eben auch zu fordern, Haltung zu zeigen. Lesen Sie dazu: Flirt mit der AfD – Burgdorfer CDU-Ratsherr muss harsche Kritik einstecken Ortsräte in Lehrte verabschieden Resolution gegen Hass und Ausgrenzung Der Kommentar: Toleranz beginnt im kleinsten Dorf Von Antje Bismark