„Er war während der Vernehmung bemüht, alle Fragen zu beantworten“, sagte Polizeisprecher Thorsten Schiewe. Mit dem Verschwinden der Berufsschülerin will der 29-Jährige jedoch nichts zu tun haben. Während der Auswertung von Daten, die die Polizei auf dem Computer der 19-jährigen Çiçek Ö. fand, waren die Kriminalbeamten in den vergangenen Tagen auf eine Verbindung zwischen der jungen Frau und dem 29-jährigen Mann aus der Region Hannover gestoßen. Am Mittwoch durchsuchte die Polizei neben der Wohnung des Mannes auch seine Arbeitsstätte in Langenhagen und einen von ihm gewerblich genutzten Raum in Misburg. Die beiden Autos des Tatverdächtigen wurden sichergestellt und werden nun von Kriminaltechnikern auf Spuren untersucht. „Jede Faser, die wir finden, wird überprüft. Das ist ein sehr aufwendiges Verfahren“, sagte Polizeisprecher Schiewe. Wie lange die Kriminaltechniker damit beschäftigt sein werden sei nicht absehbar. „Es geht um mehrere Wochen.“
Der Tatverdächtige befindet sich weiterhin auf freiem Fuß. Aufgrund der dünnen Beweislage hatten die Ermittler ihn nach der Vernehmung am Mittwoch wieder laufen lassen. „Es besteht ein Anfangsverdacht gegen den 29-Jährigen“, sagte Schiewe. Demnach haben die Ermittler zwar konkrete Hinweise, aber noch lange keine Beweise gegen den Mann in der Hand. Nach wie vor wollen die Beamten nicht ausschließen, dass Çiçek Ö. noch am Leben sein könnte und am 18. Oktober womöglich aus freien Stücken entschied, ihr Zuhause zu verlassen. „Wir wissen es einfach nicht“, sagte der Polizeisprecher.
Nach Einschätzung der Beamten besteht kein Grund zu der Annahme, dass der verdächtige 29-Jährige sich absetzen könnte. Die Ermittler sind nun damit beschäftigt, den Wahrheitsgehalt seiner Aussage zu überprüfen. Während der Vernehmung soll sich der Tatverdächtige zu mehreren Fragen sehr präzise geäußert haben, die Details sollen nun auf den Prüfstand gestellt werden. Dazu, ob Çiçek Ö. und der 29-Jährige sich im Internet kennenlernten, wollte die Polizei auch am Donnerstag keine Stellung nehmen. Nachdem das Verschwinden der jungen Jesidin Çiçek Ö. bekannt geworden war, hatte das hannoversche Internetportal „goolive“ seine Mitglieder umgehend auf den Fall aufmerksam gemacht und um Hinweise gebeten. „Wir haben in Burgwedel sehr viele Nutzer“, sagte Geschäftsführer Robert Pomes. Allerdings habe es kaum Reaktionen gegeben. Ende Oktober hatte ein Mordfall in Peine für Aufsehen gesorgt: Die 23-jährige Melanie hatte ihren späteren Mörder über „goolive“ kennengelernt.
Vivien-Marie Drews / Tobias Morchner