Corona: So voll sind die Intensivstationen in der Region Hannover

Wegen einer zunehmenden Belastung der Intensivstationen in ganz Deutschland schlagen Fachleute Alarm. Städte wie Bonn, Bremen oder Köln hätten kaum noch freie Betten für den nächsten Herzinfarkt, Verkehrsunfall – oder Covid-19-Patienten, schrieb der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, am Donnerstag beim Kurznachrichtendienst Twitter. Divi steht für Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin. Sie veröffentlicht täglich die Belegungszahlen der Intensivstationen in Deutschland. Und die sehen auch in der Region Hannover nicht besonders gut aus. Nach Angaben der Vereinigung halten Intensivstationen in der Landeshauptstadt und in den umliegenden Städten im Normalbetrieb 354 Intensivbetten vor. Davon waren am Donnerstag laut Divi 325 belegt, knapp ein Fünftel der Patienten sind Covid-Infizierte, mehr als die Hälfte von ihnen müssen beatmet werden. Gerade einmal 8 Prozent der Intensivbetten sind demnach noch frei, genau genommen 29 für die gesamte Region Hannover. „Das ist sehr wenig“, sagte eine Divi-Sprecherin der HAZ. Lesen Sie auch Stephan Weil spricht von „entspannter Lage“ in Krankenhäusern – doch Ärzte widersprechen Nur MHH und Vinzenz ohne Einschränkungen: Nur die Medizinische Hochschule (MHH) und das Vinzenzkrankenhaus meldeten dem Divi am Donnerstagmorgen, dass ihre Intensivstationen uneingeschränkt verfügbar sind. Alle anderen Häuser gaben begrenzte Kapazitäten oder gar keine Verfügbarkeit mehr an. Dabei werden neben der Bettenauslastung unter anderem auch die Personalsituation und Arbeitsbelastung berücksichtigt. Das Regionsklinikum meldet dem Divi seine Daten nicht. Eine Divi-Sprecherin sah am Donnerstag die wohnortnahe Patientenversorgung in der Region Hannover in Gefahr. Diese sei nicht mehr sichergestellt. Krankenhäuser in anderen Regionen Niedersachsens mit weniger angespannten Verhältnissen müssten den Kliniken in der Region möglicherweise bald Patienten abnehmen. Im äußersten Norden Niedersachsens ist die Situation entspannter, auch in Peine und Hildesheim ist die Situation nicht so angespannt wie in Hannover. Andere an die Region Hannover grenzende Landkreise wie etwa Celle, Gifhorn oder Schaumburg hatten dagegen nur noch jeweils ein Intensivbett frei. „Patientenversorgung ist sicher“: Das hört sich nach einer dramatischen Situation an. Dennoch warnen die Kliniken in Hannover vor falschen Schlüssen. Der MMH-Vizepräsident Frank Lammert widersprach dem Divi: „Die wohnortnahe Patientenversorgung ist sichergestellt. Es werden fast alle Operationen durchgeführt.“ Es gebe ausreichend Reserven. Ähnlich äußerten sich Sprecher von Diakovere und Regionsklinikum. Die Situation sei „anspruchsvoll“, hieß es bei Diakovere. Geplante Operationen könnten aber weiterhin durchgeführt werden, sagte Sprecher Matthias Büschking. „Für den Fall steigender Zahlen sind wir in der Lage, unsere Corona-Kapazitäten noch weiter auszubauen.“ Dringende Operationen würden auch dann weiter stattfinden – „zeitunkritische“ müssten aber möglicherweise verschoben werden. Das Klinikum der Region Hannover (KRH) hat nach Angaben ihres Sprechers Steffen Ellerhoff aktuell fünf freie Intensivbetten. Planbare und medizinisch nicht dringende Eingriffe würden bereits seit November verschoben. „Medizinisch dringliche Untersuchungen bei Krebserkrankungen oder auch Tumoroperationen werden selbstverständlich durchgeführt.“ Die Versorgungssituation sei konstant und beherrschbar. Von Karl Doeleke