Angler in Garbsen befürchten Angelverbote im FFH-Gebiet Untere Leine

„Ein Angelverein, in dem die Vereinsmitglieder nicht angeln können, löst sich de facto auf“, sagt Lutz Haarstrich. Der zweite Vorsitzende des Angelvereins (AV) Garbsen steht am Vereinsheim unweit dem Regenrückhaltebecken an der Baßriede und spricht über die aktuellen Sorgen der Angler. Seit die Region Hannover im vergangenen Herbst Angelverbote für das Naturschutzgebiet Leineaue zwischen Hannover und Ruthe erlassen hat, befürchten auch die Angler in Garbsen, dass ihnen die gleichen Einschränkungen drohen. Noch gibt es allerdings keine entsprechende Verordnung für das Flora-Fauna-Habitat (FFH) Untere Leine zwischen Hannover und der Regionsgrenze im Neustädter Land. „Wenn es aber so kommt, dann fehlt uns unser größtes Gewässer zum Angeln“, sagt Haarstrich. Seit 1981 hat der Angelverein Garbsen rund sieben Kilometer entlang der Leine bei Seelze zur Nutzung gepachtet. Zehn Angelplätze werden dort regelmäßig von den Anglern besetzt. „Von den Angelverboten im FFH-Gebiet Untere Leine wären mehr als 10.000 Angler aus mehr als 20 Vereinen betroffen“, so Haarstrich. Er hat sich mit den anderen Vereinen, darunter auch der Anglerclub Berenbostel, zusammengetan und will gegen die drohenden Verbote angehen. Lesen Sie auch: In der Region Hannover fehlen noch drei Schutzgebiete – es drohen Strafzahlungen an die EU Auf keinen Fall soll es so ausgehen, wie im vergangenen Jahr bei den Angelverboten südlich von Hannover. „Die Vereine konnten sich nicht wehren und wurden vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt Haarstrich. Im Namen des Vereins hat er an Garbsens Bürgermeister Christian Grahl geschrieben und ihn gebeten, sich gegen die Verbote auszusprechen. Auf drei Seiten listet Haarstrich auf, warum die Angler mit diesen Einschränkungen nicht einverstanden sind. Besonders ärgert ihn, dass die Verbote immer mit dem Schutz von Fischottern, Bibern und Fledermäusen begründet werden. „Die Natur stört sich nicht an uns“, sagt Haarstrich. Trotz der Anwesenheit der Angler hätten sich etwa die Biberbestände an der Leine gut entwickelt. Die Vorstandsmitglieder vieler Vereine hätten sich sogar in einem mehrtägigen Kurs des Naturschutzbundes Nabu zu Biberberatern ausbilden lassen, um den Schutz der Tiere noch besser ausüben zu können. Auch sei nicht bekannt, dass sich je eine Fledermaus in einer Angelschnur verfangen hätte. Angler führen Schutzprogramme durch: Im Gegenteil. „Wir Angler sind neben dem BUND und dem Nabu auch ein Naturschutzverband“, so Haarstrich. Der AV Garbsen habe Fledermauskästen, Insektenhotels und Bienenstöcke aufgestellt. Zudem wurden mehr als 60 Vogelhäuser gebastelt und aufgehängt. Im Oktober 2020 hat der Verein für den Artenschutz 30 Edelkrebse in einem seiner Teiche ausgesetzt. Außerdem führten die Garbsener Angler Schutzprogramme für bedrohte Fischarten, wie etwa Lachs, Schlammpeizger, Neunauge und Bitterling durch. „Wir geben uns wirklich viel Mühe“, sagt Haarstrich. Sollten Angelverbote erlassen werden, würden auch diese Maßnahmen wegfallen. Garbsens Bürgermeister Christian Grahl hat den Anglern seine Unterstützung zugesichert. „Ihre Befürchtungen von unverhältnismäßig hohen und existenzbedrohenden Einschränkungen des Angelbetriebs an den betroffenen Leinestellen werden wir gerne in unsere Stellungnahme mit einbeziehen“, schreibt er. Gespräch mit Anglern suchen: Nach Angaben der Region Hannover ist bei dem FFH-Gebiet Untere Leine noch nichts entschieden. Man befinde sich in der „informellen Abstimmung“, so Regionssprecher Klaus Abelmann. Darin sollen auch die Angler eingebunden werden. Die Ergebnisse der Gespräche sollen in den Entwurf des Verordnungstextes einfließen, der noch in diesem Jahr ausliegen soll, sagt Abelmann. Die FDP in der Regionsversammlung fordert in einem Antrag, Vertreter der Angelvereine für die kommende Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Klima am 11. Mai einzuladen, darunter den Vorsitzenden des Fischereivereins, Heinz Pyka, und den Vorsitzenden des Angel-Sport-Vereins Luthe, Jan Schiffers. In der Region seien derzeit 20.000 Anglerinnen und Angler in etwa 35 Vereinen organisiert, schreibt die Fraktionsvorsitzende Christiane Hinze. Ihre Tätigkeit beschränke sich nicht nur auf das bloße Angeln von Fischen, sondern auch auf den Naturschutz und Artenerhalt. Die möglichen Einschränkungen im neuen FFH-Gebiet Untere Leine hätten erhebliche Auswirkungen auf die Anglervereine in der Region Hannover, so Hinze. „Hierüber sollten die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz zeitnah informiert werden.“ Angler Haarstrich hofft, dass das helfen kann. Mitte Februar haben die Vereine zudem eine Onlinepetition gegen die Verbote gestartet. Mehr als 1600 Unterstützerinnen und Unterstützer haben sie bereits unterzeichnet. Mithilfe des Anglerverbands Niedersachsen wäre man auch bereit, zu Demonstrationen aufzurufen und vor Gericht zu ziehen, schreibt Haarstrich in seinem Brief an Bürgermeister Grahl. Würden die Verbote erlassen, würden „hiesige Vereine unter dem Deckmantel des Umweltschutzes abgeschafft“. Von Linda Tonn