Einbrüche in Golfclubs in Niedersachsen und Schleswig Holstein

Golf gehört in Niedersachsen derzeit zu den wenigen Aktivitäten, die unter Corona-Bedingungen mehr oder weniger normal ausgeübt werden können. Frische Luft, ein weites Spielfeld – und schon gar kein Körperkontakt. Sorgen bereitet vielen Vereinen allerdings eine anhaltende Einbruchserie in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Bayern. Wie das Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA) auf Anfrage mitteilt, ist seit November vergangenen Jahres ein Trend erkennbar. „Für den Zeitraum 2017 bis 2020 gab es jährliche Fallzahlen im niedrigen, bisweilen sehr niedrigen zweistelligen Bereich“, sagt LKA-Sprecherin Nevin Ayyildiz. „Im Jahr 2021 liegen die Fallzahlen bereits im hohen einstelligen Bereich.“ Fünf Einbrüche sind seit Januar in Niedersachsen bekannt, acht in Schleswig-Holstein. „Da waren Experten am Werk“: Der Golfverband Niedersachsen-Bremen hat inzwischen seine Mitglieder in einem Schreiben gewarnt. Einbrüche und Vandalismus habe es auch früher gegeben – „was wir jetzt haben, ist koordiniert. Das gab es so noch nie“, sagt Verbandsgeschäftsführer Joachim Schoetzau der HAZ. Auch das LKA spricht von „hochprofessionellen“ und europaweit agierenden Tätern und übereinstimmenden Einbruchsabläufen. Wie das konkret abläuft, mussten die Mitglieder von zwei Vereinen in der Region Hannover erleben. Vom 28. auf den 29. Januar drangen Einbrecher auf das Gelände des Golfclubs Isernhagen ein. Sie verschafften sich Zugang zum Caddyhaus, wo Schläger und Golftrolleys gelagert werden. 34 Spinde wurden aufgebrochen, das Equipment vermutlich in Fahrzeugen abtransportiert. „Da waren Experten am Werk“, sagt Vereinspräsident Gerd Hundertmark. „Die haben wirklich nur die guten, wertvollen Sachen mitgenommen.“ Er schätzt den Schaden auf rund 20.000 Euro. Einbrüche in Peine, Wolfsburg und Heidekreis: Doppelt so hoch soll die Beute bei einem Einbruch vom 7. auf den 8. Februar am Blauen See in Garbsen ausgefallen sein. „Wir werden die Sicherheit an der Anlage weiter verschärfen“, sagt Robert Cholewa vom Vereinsvorstand. Die meisten Golfanlagen sind wegen ihrer Weitläufigkeit abgelegen – oder komplett ab vom Schuss, wie in Isernhagen. Das erschwert die Überwachung vor allem in der dunklen Jahreszeit. Weitere Einbruchsmeldungen sind aus den Landkreisen Peine, Wolfsburg und dem Heidekreis bekannt. Eine Person aus dem Umfeld eines Vereins, die nicht genannt werden möchte, vermutet, dass die Täter die Golfanlage samt Caddyhalle schon im vergangenen Sommer ausgekundschaftet haben. Vom 3. auf den 4. Februar wurden 26 Spinde aufgebrochen, dass digitale PIN-Schloss zur Lagerhalle war auf unbekannte Weise geknackt worden. Bis auf aufgebrochene Spinde gab es keine weiteren Schäden. Was wird aus der Hehlerware? Schläger und Golftrolleys gibt es in verschiedensten Preisklassen. Hundertmark vom Isernhagener Verein schätzt den Durchschnittswert eines Komplettsatzes mit 14 Schlägern auf 800 bis 1200 Euro, einige Sportler lassen sie sich aber auch 2000 bis 2500 Euro kosten. Für ferngesteuerte Trolleys zahlt man bis zu 4000 Euro. Doch wohin geht die Hehlerware? Das LKA gibt dazu keine Hinweise. Doch die Sportler haben ihre eigenen Vermutungen. Eine Möglichkeit sei der Onlineverkauf, so Schoetzau vom Golfverband. Doch der birgt Risiken, wenn die Eigentümer ihr Equipment etwa bei Ebay wiederfinden. Zudem sind einige Schläger mit Nummern oder eingravierten Namen versehen. So bleibe noch der Weiterverkauf im Ausland. Dazu hat Hundertmark aus Isernhagen eine konkrete Theorie: „In Ländern wie der Türkei und anderen Schwarzmeeranrainern boomt Golf.“ Er kann sich vorstellen, dass das in Deutschland gestohlene Equipment dort als Leihschläger ins Angebot kommt. Vier Festnahmen – und neue Einbrüche: Immerhin gibt es erste Ermittlungserfolge. Anfang Februar konnten vier Männer nach einem Einbruch in Bayern festgenommen werden. Insgesamt werden der Gruppe sechs Personen zwischen 22 und 32 Jahren zugerechnet. Während der Ermittlungen in Bayern kam es in Niedersachsen zu weiteren Einbrüchen. „Damit wurde deutlich, dass weitere Gruppierungen in diesem Bereich aktiv sind“, sagt LKA-Sprecherin Ayyildiz. Vereinspräsident Hundertmark geht nicht davon aus, dass die Eigentümer ihre Golfsachen wiedersehen werden. Immerhin hätten viele Mitglieder ihre Schläger und Trolleys versichert. Wer nun jedoch Sonderanfertigungen bestellt, steht vor dem nächsten Problem: Etliche Hersteller sitzen in Großbritannien. Die Brexit-Reglementierung und durch Corona verlangsamte Lieferketten verzögern die Lieferung um drei bis vier Monate. Den traditionellen Saisonauftakt Anfang April dürften einige betroffene Golfer also verpassen – wenn sie nicht auf Leihschläger ausweichen wollen. Von Manuel Behrens