Wie läuft es im DRK Garbsen in der Corona-Zeit, Herr Posor?

Herr Posor, seit 2012 sind Sie Vorsitzender des DRK Garbsen, bereits seit 50 Jahren aktiv im Ortsverein – haben Sie schon einmal eine solche Herausforderung erlebt wie die Corona-Zeit? Herausfordernde Situationen gab es viele, darunter zahlreiche Bombenräumungen, bei denen wir für Unterkunft und Verpflegung per Feldküche sorgen mussten. Oder der Erdrutsch 1975 am Kaliberg in Ronnenberg nach einem Wassereinbruch – 500 Personen mussten ihre Wohnungen verlassen. Sehr spannend war die Zeit 1989/1990 kurz vor der Wende. Ich habe damals eine DRK-Unterkunft in einer Bundeswehrkaserne in Luttmersen geleitet. Dort wurden bis zu 800 Menschen untergebracht, die aus der DDR ausreisen wollten und über die Prager Botschaft kamen – später auch viele Russland- und Rumäniendeutsche. Was ist in der Pandemie anders? Die Pandemie ist eine nun fast ein Jahr andauernde Ausnahmesituation – und wir als DRK sind mittendrin. Täglich sind fünf bis sieben unserer Ehrenamtlichen in Aktivitäten eingebunden. Sie haben ab März das Testzentrum am Messegelände aufgebaut, aktuell nehmen sie Corona-Abstriche bei Zigtausenden Menschen in der gesamten Region ab, insbesondere in Seniorenheimen. Und das alles nach ihrer Arbeit – meist bis spätabends. Wird das DRK Garbsen auch in den geplanten Impfzentren unterstützen? Nein, das werden wir nicht leisten können, das ist ein Fulltime-Job und nicht mit der Berufstätigkeit der meisten Ehrenamtlichen zu vereinbaren. Viele unserer Mitglieder, die seit fast einem Jahr diesen Einsatz leisten, sind schlichtweg ausgelaugt. Und ein Ende ist nicht vorhersehbar. Rolf Posor (68) ist seit 1971 aktives Mitglied im DRK-Ortsverein Garbsen. Er verpflichtete sich parallel zu seiner Ausbildung bei der Allianz Versicherung zu einer zehnjährigen Tätigkeit als Helfer im Katastrophenschutz. 1990 erhielt er die Verdienstmedaille des DRK-Landesverbandes. 2003 wurde er in den Katastrophenschutzstab der Region Hannover berufen. 2010 ging er nach 42 Jahren im Innendienst für die Allianz Lebensversicherung in den Vorruhestand. 2012 wurde er Vorsitzender des DRK Garbsen. 2017 erhielt Posor die Ehrenmedaille in Silber des DRK-Regionsverbandes Hannover. Seit dem 1. April 2020 ist er Mitglied im Präsidium des DRK-Regionsverbandes, seit November 2020 Mitglied in dessen Aufsichtsrat. Posor ist verheiratet, hat eine erwachsene Tochter sowie einen Enkel und wohnt mit seiner Familie in Havelse. jgz Das DRK Garbsen steht auch für den Blutspendedienst und Erste-Hilfe-Kurse: Was können Sie während der Corona-Pandemie überhaupt an Aktivitäten anbieten? Am Anfang der Corona-Zeit hatten wir eine große Resonanz auf unsere Blutspendetermine, die wir streng nach Corona-Regeln organisieren. Momentan ist das leider etwas rückläufig. Nur weil Krankenhäuser in der Region einige nicht lebensnotwendige Operationen verschieben, kommt es nicht zu großen Engpässen. Erste-Hilfe-Kurse haben wir im Januar gar nicht anbieten können, das ist insbesondere schwierig für Führerscheinabsolventen. Und die Kleiderkammer? Unsere Kleiderkammer ist geöffnet und gut gefüllt. Viele Menschen nutzen diese besondere Zeit, um zu Hause auszumisten. Wir vergeben aber aktuell nur telefonisch Termine zur Abholung der Altkleider, und weisen dringend auf Einhaltung der Hygieneregeln und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes hin. Das DRK setzt sich auch dafür ein, das soziale Miteinander zu fördern. Ist das aktuell möglich? Vieles leider nicht. Der Seniorenkreis kann nicht stattfinden. Die Mitglieder des Tanzkreises haben sich im Sommer draußen getroffen, auch das ruht nun. Und auch Schüler, die hier bei uns im DRK-Zentrum ihre Sozialstunden ableisten könnten, können wir derzeit nicht betreuen. Lesen Sie auch DRK Garbsen unterstützt in Corona-Krise Tafel mit 1000 Euro DRK Garbsen spendiert 60 Weihnachtstaschen für bedürftige Menschen Einsatz im Katastrophenschutz: Und wie funktioniert die Ausbildung unter Corona-Bedingungen? Sowohl die Ausbildung der Schnelleinsatztruppe als auch die der Katastrophenschutzhelfer läuft momentan online. Das läuft gut, aber ersetzt natürlich nicht die Praxis. Apropos Katastrophenschutz – das waren doch Ihre Anfänge beim DRK? Ja, ich habe mich noch während meiner Berufsausbildung für zehn Jahre im DRK-Katastrophenschutz verpflichtet – statt Bundeswehr und neben meiner Ausbildung. Mich interessierten vor allem medizinische Themen. Erst war ich Kraftfahrer, später Funker und ab 1982 stellvertretender Zugführer und von 1990 bis 2008 Kreisbereitschaftsleiter. Das heißt, Sie hatten Führungsverantwortung? Ja, ich habe ehrenamtlich alle Führungsfunktionen bis hin zum Kreisbereitschaftsleiter des damaligen DRK-Kreisverbandes Neustadt ausgeübt, war unter anderem auch die für Ausbildung für den Sanitätsdienst verantwortlich. Und habe viele Einsätze der sogenannten Schnelleinsatztruppe verantwortlich geleitet. Aber ob Bereitschaftsdienst am Blauen See oder bei Veranstaltungen oder die Betreuung von Geflüchteten: Das alles ist nur in Teamarbeit zu bewältigen, wie auch meine Arbeit als Vorsitzender. Minimum zweimal wöchentlich bin ich etwa sechs Stunden vor Ort, dazu kommen viele weitere Leitungs- und Lenkungsaufgaben im Regionsverband – es ist ein kleiner Halbtagsjob. 2021 steht wieder eine Vorstandswahl an. Treten Sie wieder an? Ja, solange ich gesund bleibe, gern. Wenn ein Jüngerer möchte, trete ich gern in die zweite Reihe. Denn wir müssen uns verjüngen. Besonders in der Altersgruppe der Familien, also die 30- bis 40-Jährigen, klafft eine Lücke. Jüngere Mitglieder kommen glücklicherweise nach, aber ältere sterben. Vor ein paar Jahren waren wir noch weit über 1000 fördernde Mitglieder, aktuell sind es 750. Was haben Sie für Ideen für die vierte Amtszeit? Ich würde gern ein Jugend-Rotkreuz aufbauen, in Horst läuft das sehr erfolgreich. Allerdings muss das mit viel Zeit personell betreut werden. Und schwierig ist es, wenn die Jugendlichen zu jung sind. Wir können sie bei Ausbildung und Einsätzen nicht bis in die späten Abendstunden einsetzen. Eins treibt mich auch um: Unsere Fahrzeuge werden immer größer – zukünftig passen die wohl nicht mehr in die Hallen unseres 1972 gebauten DRK-Zentrums. Von Jutta Grätz

Garbsen: Das DRK in der Corona-Zeit - ein Interview mit Rolf Posor