Präsenzpflicht aufgehoben: So sieht es in den Grundschulen in Garbsen aus

In den Klassenräumen der Grundschule Saturnring im Stadtteil Auf der Horst ist es übersichtlich geworden. Mal sitzen dort noch fünf Kinder mit Abstand an den Tischen verteilt, mal sind es acht. „Das sind im Durchschnitt nochmal deutlich weniger als die jeweils halben Klassen vor den Winterferien“, sagt Schulleiterin Silvia Moritz. Gewünscht hätte sie sich aber sogar, dass es in der Corona-Pandemie noch weniger wären. „Deshalb habe ich in einem Brief an die Eltern ausdrücklich empfohlen, die Kinder zu Hause zu lassen“, sagt sie. Lesen Sie auch: Schulbesuch trotz der Pandemie: Wälzen Sie die Verantwortung auf die Eltern ab, Herr Tonne? Schulleiterin: Entscheidung erzeugt nur Verunsicherung: Darüber entscheiden Eltern von Grundschülern in Niedersachsen seit Montag selbst. In fast allen anderen Bundesländern bleiben die Grundschulen im sogenannten Distanzlernen. Niedersachsens Landesregierung hat hingegen entschieden, die Grundschulen weiter im Wechselmodell zu belassen – und zugleich die Präsenzpflicht aufgehoben. Schulleiterin Moritz und ihre Kolleginnen und Kollegen finden diese Entscheidung mindestens fragwürdig: „Entweder ist die Gefahr für die Gesundheit so groß, dass alle Schulen geschlossen bleiben – oder eben nicht.“ Die Verantwortung auf die Eltern abzuwälzen erzeuge nur weitere Verunsicherung. Nicht jeder erkennt die Gefahr der Pandemie: Das gelte vor allem in einem Stadtteil wie Auf der Horst, der noch immer als sozialer Brennpunkt gilt. Einige Eltern sei die Gefahr in der Pandemie noch immer nicht bewusst. „Es gibt Familien, die in den Ferien in ein Risikogebiet gereist sind und ihre Kinder jetzt einfach wieder in die Schule schicken“, berichtet Moritz. Trotzdem kümmerten sich die Lehrer natürlich und unter Einhaltung der geltenden Maßnahmen um jeden einzelnen, der trotz der anders lautenden Empfehlung in die Schule kommt. Die Arbeit in einem Brennpunkt bedeutet nämlich auch: Nicht alle Familien verfügen zu Hause über die technischen Voraussetzungen – etwa Laptops – für das Homeschooling. Deshalb haben die Verantwortlichen der Saturnringschule eine Lösung gefunden, die sich als praktikabel erwiesen hat. Im Foyer vor dem Eingang stehen rote und blaue Ablagen, aus denen Eltern und Schüler Arbeitsblätter abholen und zurückbringen können. „Alle Schüler lernen so mit den gleichen Aufgaben, egal ob hier oder zu Hause. Zudem stehen unsere Lehrer ständig mit den Familien in Kontakt, die ihre Kinder zu Hause unterrichten“, versichert Moritz. Damit sei gewährleistet, dass kein Kind benachteiligt wird. Ratsschule: Die Hälfte der Schüler lernt zu Hause: Auch die 300 Grundschüler der Ratsschule in Berenbostel lernen aktuell im Szenario B, also dem Wechselmodell. „Wir haben die Schüler in zwei Gruppen aufgeteilt“, sagt Schulleiterin Cordula Mahlow. Doch rund die Hälfte der Eltern habe sich nun entschieden, ihre Kinder vom Präsenzunterricht abzumelden. „Viele Eltern sind besorgt“, berichtet Mahlow. Das gelte insbesondere nach dem Auftauchen der mutierten Variante des Coronavirus. „Ich bin froh, dass die Eltern die aktuelle Situation ernst nehmen und dementsprechend vorsichtig sind“, sagt die Schulleiterin. Auch sie selbst gehe mit gemischten Gefühlen in den Unterricht. „Ich unterrichte aktuell in vier Lerngruppen“, berichtet sie. „Und ich trage den gesamten Tag eine FFP2-Maske.“ Das Risiko einer Infektion sitze in jedem Klassenzimmer. Lesen Sie auch: Disziplin statt Gerangel: Funktioniert Grundschule mit Abstandsregeln? Bei der Organisation des Schulalltags nutzt die Grundschule in Berenbostel die Erfahrungen aus dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020. „Die Schüler bekommen ihre Aufgaben über den Schulserver IServ, auch mit den Eltern und den Lehrerin kommuniziert Mahlow über die Schulplattform. „Das Homeschooling klappt gut – auch wenn keine Computer in den Familien vorhanden sind, ein Smartphone hat heute fast jeder“, so die Schulleiterin, „Und wir alle sind ja auch schon seit vergangenem März daran gewöhnt.“ Alle Kinder hätten ihre Bücher und Arbeitshefte zu Hause oder könnten sie bei Bedarf kontaktlos in der Schule abholen. „Kinder dürfen nicht abgehängt werden“: „Die Kinder müssen sich nichts ausdrucken, wir unterstützen auch technisch, wo wir können“, sagt Mahlow. Ob per IServ, mit E-Mails oder mit Videokonferenzen. „Wir begleiten Kinder und Eltern sehr eng, niemand wird allein gelassen.“ Die Entscheidung der Landesregierung für das Szenario B und die Befreiung vom Präsenzunterricht bedeute auch für das Kollegium eine riesige Herausforderung. Es sei für die Schule nicht nur logistisch eine schwierige Aufgabe, den Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzlernen in immer neuen Gruppen so schnell zu organisieren. Ganz wichtig sei es, zu den Kindern auch den persönlichen Kontakt zu halten. „ Sozial darf ebenfalls niemand abgehängt werden“, betont die Schulleiterin. „Diese Verantwortung liegt jetzt bei uns.“ Die Belastung auch für die Lehrer sei immens. Von Jutta Grätz und Gerko Naumann

Garbsen: Keine Präsenzpflicht - so sieht es in den Grundschulen aus