Gehrden: Anwohner sorgen sich um schiefe Fichte

Für Anwohner des Rosenwegs in Gehrden ist es seit Jahren ein besorgniserregender Anblick: Unmittelbar neben dem Gehweg der schmalen Straße steht eine mehr als 20 Meter hohe Fichte in bedrohlicher Schieflage. Fest verwurzelt wirkt der Baum nicht. Immer wieder stürzen bei heftigen Böen auch Zweige oder Äste des Baumes auf den Fußweg und die Fahrbahn. Trotz mehrerer Hinweise aus der Nachbarschaft lässt der Eigentümer des Grundstücks aber weiterhin keine Bereitschaft erkennen, die Fichte zu entfernen. Nach den jüngsten Stürmen im Februar haben Anlieger deshalb die Stadt Gehrden erneut auf ihre große Sorge hingewiesen. Sie befürchten, dass der Baum beim nächsten Sturm entwurzelt wird und auf ihre Häuser stürzen könnte. Es gehe ja nicht nur um einen drohenden Sturmschaden, sagt ein Anwohner. „Dies ist auch eine Strecke, die viele Kinder als Schulweg nutzen“, sagt der Mann. Von dem Baum gehe eine Gefahr für alle Passanten aus. Ein Nachbar parke wegen der drohenden Schieflage sein Auto schon zunehmend an einer Seitenstraße anstatt vor seinem Haus. Stadt will nur bei akuter Gefahrenlage einschreiten: Die Stadtverwaltung hält sich in dieser Angelegenheit aber nur bedingt für zuständig. Derzeit sei keine akute Gefahr zu erkennen, deshalb sei die Stadt als öffentliche Behörde noch nicht eingeschritten, sagt Holger Spohr, Fachdienstleiter Umwelt. „Mitarbeiter des Ordnungsamtes waren im vergangenen Jahr aber mehrfach am Rosenweg und haben sich den Baum angesehen.“ Die Fichte stehe schon seit langer Zeit schräg. Die Schieflage habe sich aber nicht verändert. Zudem stehe der Baum auf dem Grundstück im schützenden Windschatten des Hauses. Trotzdem habe die Stadt dem Eigentümer des zurzeit unbewohnten Grundstücks geraten, die Fichte im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht regelmäßig zu kontrollieren. „Außerdem haben wir empfohlen, die Standsicherheit des Baumes von einem Gutachter prüfen zu lassen“, sagt Spohr. Der Besitzer der Immobilie habe bereits signalisiert, mit einem Experten einen Termin vereinbart zu haben. Gehrden hat keine Baumschutzsatzung: Trotzdem betont Spohr: Wenn keine akute Gefährdung bestehe, könne der Eigentümer frei darüber verfügen, was mit der Fichte geschehe. Denn: „Für Gehrden gibt es keine städtische Baumschutzsatzung, die ihn hindert, den Baum zu fällen“, sagt der Fachdienstleiter. Solange der Besitzer niemandem schade, „kann er mit seinem Baum machen, was er will“, sagt Spohr. Der Konflikt in der Nachbarschaft sei eine privatrechtliche Angelegenheit, die Stadt als Behörde sei nicht zuständig. Der Eigentümer sei dafür verantwortlich, dass der Baum bei normalem Wind nicht umstürze. „Ein schwerer Sturm ist aber höhere Gewalt, deshalb zahlt bei einem solchen Unfall auch nur die Kaskoversicherung eines Geschädigten“, sagt Spohr. Wenn bei einem Sturm plötzlich eine akute Gefahr zu erkennen und der nicht ortsansässige Eigentümer nicht zu erreichen sei, empfehle die Stadt den Anwohnern, die Feuerwehr zu alarmieren. Baumgutachten soll Sorgen der Anwohner zerstreuen: Spohr vermutet, dass die Anwohner den Baum vor allem als störend empfinden. Dabei sei es völlig normal, dass Laub und kleine Zweige auf geparkte Autos oder den Fußweg fielen. „Die Anwohner wollen nur, dass jemand den Eigentümer dazu bewegt, den aus ihrer Sicht störenden Baum zu fällen“, glaubt der Fachdienstleiter. Dass sie besorgt seien, könne er verstehen. Für die Verkehrssicherheit rund um sein Grundstück sei aber der Eigentümer zuständig. Dass die Fichte Probleme macht, hat die Stadt aber nach Angaben eines Anwohners kürzlich offenbar erkannt. „Weil das Wurzelwerk das Pflaster des Fußweges hochgedrückt hatte, wurde kürzlich ein großes Wurzelstück entfernt, um den Gehweg zu begradigen und die Stolperfallen zu beseitigen“, erzählt er. Der Standsicherheit der Fichte habe das aber vermutlich noch mehr geschadet. Stadt und Region haben jüngst in Gehrden mehr als 20 Bäume fällen lassen oder stark heruntergeschnitten – wegen der Verkehrssicherheit, Bauprojekten oder im Zuge der Pflegemaßnahmen. Grund für die Häufung: Die Arbeiten sollen bis Beginn der Brut- und Setzzeit, also bis Ende Februar, abgeschlossen sein. In Northen und Everloh wurden Bäume an den Ortsausgängen als Vorbereitung für den Bau von Verkehrsinseln und den Radverkehr entfernt, in Gehrden eine Winterlinde zwischen Kirche und Marktplatz. Eine alte Amerikanische Roteiche nahe der Everloher Kapelle war innen von einem Pilz zerfressen und drohte umzustürzen. Ein zweiter Baum an der Hardenberger Straße kränkelte ebenfalls. Bei 15 stark geschädigten Hainbuchen entlang der Hindenburgallee ließ die Stadt die Kronen kappen. Die Rümpfe selbst bleiben als sogenannte Habitatsbäume für Singvögel, Insekten sowie Eulen und Fledermäuse stehen. Am Beethovenring wurden teils komplett abgestorbene Weiden entfernt, an der Ronnenberger Straße eine abgestorbene Linde. akö Lesen Sie auch: Heftige Böen in Hannover: Entwurzelte Bäume stürzen auf Auto und Gartenzäune Baum fällt auf Museums-Straßenbahn: Historischer Triebwagen zerstört Baum stürzt in der Eilenriede vor Auto – Fahrerin hat „Schutzengel“ Von Ingo Rodriguez