Gehrden: Viele Senioren in Heimen lehnen Impfung gegen Coronavirus ab

In den Senioreneinrichtungen in Gehrden stoßen die bevorstehenden Impfungen gegen das Coronavirus bislang auf geteiltes Interesse. Die freiwilligen Impfungen mit dem neuen Wirkstoff sollen auch in Gehrden im Laufe des Januars zunächst den Bewohnern und dem Personal von Alten- und Pflegeheimen angeboten werden. Doch längst nicht alle Senioren und Mitarbeiter wollen sich impfen lassen. Das haben jetzt auf Nachfrage die Leitungen vom Haus Gehrden und der AWO-Seniorenresidenz berichtet. Demnach lehnen viele der Befragten den kürzlich zugelassenen Wirkstoff aus Sorge vor bislang noch unbekannten Nebenwirkungen ab. Der überwiegende Teil des Personals und der Bewohner will sich aber gegen den Covid-19-Erreger impfen lassen. Einrichtungen ermitteln Anzahl der Impfwilligen: In den Gehrdener Senioreneinrichtungen laufen die Vorbereitungen auf die Besuche der mobilen Impfteams auf Hochtouren. Zurzeit werden noch die Daten der Impfwilligen gesammelt. Bewohner und Mitarbeiter sowie gesetzliche Vertreter von Senioren, die nicht mehr alleine diese Entscheidung treffen können, werden nach ihrer Impfbereitschaft befragt. In der Seniorenresidenz der Arbeiterwohlfahrt (AWO) am Thiemorgen wurden die 85 Bewohner nach Angaben der Leiterin Christine Tebel in persönlichen Gesprächen mit den Informationen des Landes Niedersachsen sowie des Robert-Koch-Institutes vertraut gemacht. „Angehörige und gesetzliche Betreuer wurden per E-Mail informiert“, sagt Tebel. Den rund 80 Mitarbeitern aus dem Kreis des Pflegepersonals, Küchen- und Reinigungskräften sowie weiteren Mitarbeitern sei ein gedrucktes Aufklärungspapier ausgehändigt worden. Sorge vor bislang unbekannten Nebenwirkungen: Die bisherige Tendenz: „Von den angesprochenen Bewohnern wollen sich ungefähr 75 Prozent impfen lassen, bei den Mitarbeitern sind es etwa 50 Prozent“, nennt die Einrichtungsleiterin einen Zwischenstand. Bei den gesetzlichen Vertretern sei fast ausnahmslos Impfbereitschaft für die Senioren in der Residenz zu erkennen. Tegel nennt ein Argument für die ablehnende Haltung einer Bewohnerin: Die Seniorin wolle sich das in ihrem „Alter nicht mehr antun“, berichtet die Leiterin. Als Grund, sich nicht impfen zu lassen, würden auch in einigen Fällen die Unsicherheit über die Wirksamkeit und die Sorge vor bislang unbekannten Nebenwirkungen genannt. Lesen Sie auch: Zu Hause lebende Senioren fühlen sich vergessen Die Einrichtungsleitung soll nun der Heimaufsicht der Region Hannover für die AWO-Residenz die Anzahl der Impfwilligen und damit die Menge der notwendigen Impfdosen übermitteln. „Der Termin wird kurzfristig mitgeteilt. Ab dem 4. Januar sind wir bereit“, sagt Tebel. Befragte wollen vor Impfung mit Hausarzt sprechen: Im Senioren- und Pflegezentrum Haus Gehrden an der Schulstraße wurden die insgesamt 128 Bewohner, gesetzliche Vertreter und 110 Mitarbeiter ebenfalls wegen der bevorstehenden Impfmöglichkeit informiert und befragt. Vor dem Ende der Rücklauffrist habe etwa jeweils die Hälfte der Befragten Impfbereitschaft mitgeteilt, berichtet Einrichtungsleiter Jens Paul. „Einige wollen sich auch erst mit ihrem Hausarzt besprechen, von denen zurzeit aber viele noch Urlaub haben“, sagt Paul. Er berichtet zudem von Unsicherheiten: „Manche haben auch organisatorische Fragen und wollen wissen, ob sie nach dem Gespräch mit dem Impfarzt ihrer Genehmigung noch widersprechen können.“ Eine entscheidende Rolle spiele für einige Bewohner mit ablehnender Haltung auch ihr fortgeschrittenes Alter. Die Einrichtungsleitungen der Seniorenresidenz der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Gehrden und des Senioren- und Pflegezentrums Haus Gehrden haben anlässlich der bevorstehende Impfungen gegen das Coronavirus teilweise heftige Kritik am Vorbereitungsverfahren sowie an den derzeitigen Arbeitsbedingungen in der Altenpflege geäußert. „Was der Pflege zurzeit abverlangt wird, ist utopisch“, sagte die Leiterin der AWO-Seniorenresidenz, Christine Tebel. Es gehe „fast nur noch ums Testen, Impfen und jede Menge Bürokratie“. „Viele Mitarbeiter kommen kaum noch dazu, ihre gewöhnlichen Aufgaben zu erledigen“, sagte Tebel. Urlaube und freie Tage würden wegen der zusätzlichen Belastungen verschoben. „Von einem normalen Tagesablauf sind wir weit entfernt“, berichtete die Leiterin. Sie hätte sich für die Vorbereitung auf die Besuche der mobilen Impfteams mehr Vorlauf gewünscht. „Man wusste doch, dass bald geimpft werden soll“, sagte Tebel. Außerdem wären ihrer Ansicht nach mehr Verständnis für die Situation in den Einrichtungen wegen der knappen Zeit und zusätzliche Unterstützung wünschenswert. „Kurz vor Weihnachten haben wir die Anamnesebögen erhalten und sollen dann schnell die Listen mit den Impfwilligen vorlegen“, sagt Tebel. Das hätte nach ihrer Einschätzung alles schon viel früher veranlasst werden können. Kritik an den organisatorischen Hürden übte auch der Leiter vom Haus Gehrden, Jens Paul. „Es werden Anamnesebögen mit Informationen über möglicherweise bereits erhaltene Grippeschutzimpfungen verlangt, die nur die Hausärzte haben“, sagte Paul. Viele dieser Mediziner seien jedoch derzeit im Urlaub. Für die Erledigung aller Aufgaben würde viel Zeit benötigt. In der behördlichen Handreichung des Landes Niedersachsens werde außerdem neben einer Abfrage der Impfbereitschaft auch die Aufklärung gefordert. Das sei aber eine ärztliche Aufgabe. Zudem gehe aus den Anweisungen nicht ausreichend verständlich hervor, ob an das Impfzentrum die Anzahl der Impfwilligen oder die Zahl der Anspruchsberechtigten übermittelt werden soll. Von Ingo Rodriguez