Laatzen: Im Demenzhaus des Pflegeheims Leinetal grassiert Corona

Die Ursache der hohen Corona-Infektionszahlen in Laatzen ist aufgeklärt: Die Leitung des Seniorenpflegeheims Leinetal in Grasdorf hat auf Nachfrage eingeräumt, dass es in der Demenzeinrichtung des Pflegeheims, dem sogenannten Haus Grasdorf, eine Serie von Ansteckungen gab. Nach Auskunft von Einrichtungsleiter Volker Lange seien 25 Bewohner sowie drei Pflegekräfte infiziert worden. Drei Bewohner seien verstorben – ob an Covid-19, ist nicht klar. Noch vor einer Woche hatte ein Sprecher des Unternehmens bestritten, dass es im Pflegeheim Leinetal Infektionen gebe. Mehrere Leser meldeten sich daraufhin bei dieser Zeitung, um dies richtigzustellen. Lange begründet die ersten Angaben damit, dass ausschließlich das Haus Grasdorf betroffen sei, das nicht zum Haupthaus des Pflegeheims gehöre und eine geschlossene Einrichtung sei. „Es ist ein eigenständiges Haus, das die Bewohner nicht verlassen dürfen.“ „Es existiert keine Gefahr nach außen“, versichert Lange. Auch das Pflegepersonal arbeite vollständig voneinander getrennt, es gebe keine Wechsel zwischen den Häusern. Im Leinetal-Haupthaus hingegen seien weder unter den 120 Bewohnern noch beim Personal Corona-Infektionen bekannt. Zwei Drittel nach kurzer Zeit infiziert: Aufgefallen ist der erste Fall nach Auskunft des Heimleiters am 30. April, nachdem einer der Hausärzte zwei seiner Patienten getestet habe. Daraufhin sei über das Haus sofort eine Quarantäne verhängt worden. Als kurz darauf sechs weitere Fälle nachgewiesen wurden, habe er sämtliche Bewohner und Mitarbeiter des Hauses testen lassen. Das Ergebnis: Zwei Drittel der Bewohner hätten sich infiziert – auch solche, die anfangs negativ getestet worden seien. Angesteckt hätten sich auch drei Mitarbeiter, die sich in eigens eingerichteten Zimmern auf dem Gelände in Quarantäne befänden. Bis heute seien 25 Infektionen unter den Bewohnern bekannt, nur fünf seien von Covid-19 verschont geblieben. Ein über 90-Jähriger hat die Virusinfektion nicht überstanden. Der Senior, der mehrere Vorerkrankungen gehabt habe, habe trotz der Behandlung im Klinikum Agnes Karll nicht mehr gerettet werden können. Zwei weitere Bewohner verstarben in den vergangenen Wochen ebenfalls im Krankenhaus. Es sei ihm allerdings nicht bekannt, ob diese an Covid-19 erkrankt gewesen seien, so Lange. Heim setzt auf Durchimmunisierung: Eine Ausbreitung unter den Bewohnern ließ sich nach den ersten Fällen nicht mehr verhindern, ist der Heimleiter überzeugt. In dem Haus werden schwer Demente und psychisch Erkrankte betreut. „Die Bewohner können keine Anweisungen oder Regeln befolgen.“ Zwar gebe es Einzelzimmer, aber man könne die Bewohner, die keine Berührungsängste hätten, nicht darin einsperren. „Und es gibt keine Stellen, in die man sie evakuieren kann“ – schon allein deshalb, weil es nur wenige Einrichtungen wie das Haus Grasdorf gebe. Es bleibe nur die Möglichkeit, auf eine Durchimmunisierung zu setzen. Das Virus hat Ende April vermutlich bereits mehrere Wochen im Haus Grasdorf kursiert, glaubt Lange. Dass es so spät bemerkt wurde, hänge damit zusammen, dass die Krankheit bei den meisten relativ leicht und asymptomatisch verlief. Zwar habe es mehrere Fälle von Fieber gegeben – Husten, Beeinträchtigungen der Lunge, Schnupfen und Niesen seien jedoch ausgeblieben. Die drei betroffenen Mitarbeiter seien sogar völlig symptomfrei. Hausärzte haben lange nichts festgestellt: „Die Hausärzte kommen einmal pro Woche zu uns“, sagt Lange. Auch sie hätten zunächst nichts Auffälliges festgestellt. Dass die Krankheit bei den anderen Bewohnern relativ leicht verlief, könne auch damit zusammenhängen, dass der Altersdurchschnitt im Haus geringer sei als im Haupthaus des Pflegeheims. Der Großteil der Bewohner hat die Infektion nach Heimangaben inzwischen überstanden, sodass diese nicht mehr in Quarantäne müssen. Am Mittwoch laufe die Hausquarantäne aus. Dann werde man prüfen, ob sie für Teilbereiche aufgehoben werden könne. Dies würde auch die Mitarbeiter entlasten: Seit Ende April arbeiteten die Pflegekräfte unter Vollschutz, um sich nicht anzustecken. Lange geht derzeit davon aus, dass das Haus insgesamt zum 15. Juni wieder freigegeben werde. Zahl der Infizierten in Laatzen sinkt: Die abflauende Entwicklung im Haus Grasdorf wirkt sich offenbar auf die offiziellen Infektionszahlen für Laatzen aus. Die Region meldete am Montag nur noch 18 aktuell Infizierte. Am Dienstag vergangener Woche waren es noch 31. Die vergangenen Wochen waren nicht nur für die Bewohner, sondern auch für die Mitarbeiter enorm belastend. „Das Personal hat aber gesagt: ,Wir ziehen das durch‘“, berichtet der Heimleiter. So hätten sich alle zwölf Mitarbeiter abseits der Arbeit freiwillig in Quarantäne begeben, um andere nicht zu gefährden. Auch die Arbeit unter Vollschutz sei extrem anstrengend. „Für mich sind das die Helden der Corona-Krise“, sagt Lange. 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