Laatzen: Maskenmänner fangen bei Fastnachtsumzug keine Kinder mehr

Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Tradition der Fastnachtsumzüge in Ingeln-Oesselse. In diesem Jahr zogen die Junggesellen wieder maskiert und mit Partymusik durch den Ort und ernteten für das Einsammeln von Spenden für den guten Zweck viel Lob. Allerdings haben die Junggesellen diesmal offenbar darauf verzichtet, auch als Kinderschreck unterwegs zu seien. Einige bedauern den Bruch mit der Tradition. „Ich habe beim Fastnachtsumzug am vergangenen Sonnabend viele enttäuschte Kindergesichter gesehen“, sagt ein Ingeln-Oesselser, der den Umzug schon als Kind erlebt hat. Und eine Mutter berichtet: „Ohne einen Erwachsenen durften sich die Kinder den Maskenmännern nicht mehr nähern.“ Auch von dem traditionellen Fangen der Jungen und Mädchen hätten die Junggesellen Abstand genommen. Dabei sei dies für die Kinder immer der Höhepunkt der Veranstaltung gewesen. „Bislang haben die verkleideten Junggesellen die Kinder immer gejagt und ihnen, wenn sie sie bekommen haben, mit Faschingsfarbe die Haare rot angesprüht.“ Oft seien mehr Kinder hinter den Junggesellen hergelaufen, als Maskenmänner im Umzug mitgingen. Sogar aus den umliegenden Ortschaften seien Kinder gekommen. Maskenmänner fragen Kinder vor dem Haarefärben: „Dieses Jahr haben die Junggesellen den Kindern nur dann die Haare rot gesprüht, wenn sie sie vorher gefragt hatten, ob ihnen das auch Recht sei“, berichtet die Mutter. Ihr zwölfjähriger Sohn habe das sehr langweilig gefunden und sei enttäuscht nach Hause gegangen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Gruppe den Brauch entschärft: So verzichteten die Junggesellen darauf, den eingefangenen Kindern Schläge mit einem sogenannten Plumpsack aus verknoteten Socken auf das Hinterteil zu geben. Die Klapser gehörten offenbar zur Tradition, seit die verkleideten Junggesellen 1902 erstmals von Haus zu Haus zogen, um im Ort Spenden zu sammeln. „Von den Socken und sonstigem haben wir Abstand genommen“, hatten die Junggesellen 2019 erklärt. Offenbar gab es in den Vorjahren Beschwerden: Der Grund dafür, dass die jungen Männer nun anscheinend auf weitere Teile des Brauchs verzichten, ist nicht ganz klar. Die Ingeln-Oesselser Junggesellschaft selbst will sich aktuell nicht zur Änderung ihrer Tradition äußern. Es gibt aber Vermutungen: „Es haben sich Zugezogene darüber beschwert“, hat eine Mutter aus Ingeln-Oesselse gehört. „Es ist schade, dass deswegen mit der Tradition gebrochen wird“, sagt ein anderer Dorfbewohner. „Viele Zugezogene können offenbar nichts mit unserer Tradition anfangen.“ Im Pattenser Ortsteil Reden hingegen wird der Ablauf des Fastnachtslaufs noch ungehindert ausgeübt. Dort waren ebenfalls am vergangenen Sonnabend verkleidete Junggesellen unterwegs und verjagten, wie es auch dort seit Jahrzehnten Brauch ist, mit Stöcken bewaffnet die Kinder aus dem Ort, die kreischend flüchteten. Beschwerden sind von dort nicht bekannt. Stadt hat keine Auflagen erteilt: „Wenn es Beschwerden gab und Kinder Angst hatten, muss Rücksicht darauf genommen werden“, sagt Ingeln-Oesselses Ortsbürgermeister Heinrich Hennies, der den Brauch noch aus seiner eigenen Kindheit kennt. Gleichwohl bedauere er, dass dieser Teil der Fastnachtstradition nicht mehr ausgeübt werde. „So schlimm, dass Kinder Angst haben mussten, war es nie.“ Gerüchten, die Stadt Laatzen habe den traditionellen Ablauf des Fastnachtsumzugs verboten, widerspricht Stadtsprecher Matthias Brinkmann. „Es gab keine Auflagen von Seiten der Stadt. Die Veranstaltung ist auch nicht genehmigungspflichtig.“ Die Verwaltung habe lediglich auf die Einhaltung der Regeln im Straßenverkehr hingewiesen. Lesen Sie auch: Kostümierte Junggesellschaft zieht durch Ingeln-Oesselse Frauen dürfen beim Redener Fastnachtslauf mit dem Bären tanzen Karnevalsumzug: Zehntausende jubeln Hannovers Narren zu Von Stephanie Zerm