Laatzen: Wie ein Laatzener seinen eigenen Strom erzeugt

Hohe Stromrechnungen kennt Gerd Apportin nur aus der Vergangenheit. Denn der 68-Jährige produziert seinen eigenen umweltfreundlichen Strom. Auf die großen Energieanbieter ist er nicht mehr angewiesen – und damit auch nicht auf deren größtenteils umweltschädlichen Mix aus Kohle-, Gas- und Kernenergie. Apportin gehören drei Häuser an der Hildesheimer Straße – dort betreibt er eine Pension mit 20 Messe-Appartements. Zehn weitere Wohnungen hat er fest vermietet. Alle Wohneinheiten werden mit dem von ihm produzierten Strom versorgt und der daraus gewonnenen Wärme beheizt. Dabei produziert er sogar mehr Energie als er selbst und seine Mieter verbrauchen können. „Für die gesamte Wohnfläche von rund 1300 Quadratmetern benötige ich etwa 10.000 Kilowattstunden Strom im Jahr“, sagt Apportin. „Ich stelle aber rund 30.000 Kilowattstunden her.“ Den überschüssigen Strom speist er gegen eine Vergütung ins örtliche Stromnetz ein. „Nur aus diesem Grund habe ich meinen Stromanschluss noch nicht kappen lassen.“ Für den Klimaschutz startet Apportin schon 1981 sein Projekt: Mit der Erzeugung seiner eigenen Energie hat Apportin Anfang der Achtzigerjahre begonnen. „Als ich 1981 mein erstes Haus kaufte, wollte ich etwas für den Klimaschutz tun“, sagt der 68-Jährige, der sich seit 1986 für die Grünen im Rat der Stadt für Energie- und Umweltpolitik engagiert und seit mehreren Jahren stellvertretender Bürgermeister in Laatzen ist. „Die Handwerker dachten, ich hätte eine Macke“: 1984 hat Apportin als einer der ersten im Stadtgebiet eine Fotovoltaikanlage und eine Solarthermieanlage auf seinem Dach installiert, um aus Sonnenenergie Strom und Wärme zu gewinnen. Außerdem ließ er bereits damals seine Fenster dreifach verglasen. „Das war zu dieser Zeit noch nicht üblich“, berichtet er. „Die Handwerker dachten, ich hätte eine Macke.“ Heute weiß man, dass dadurch viel Energie gespart werden kann. Seine drei nebeneinanderliegenden Häuser hat er alle nach und nach klimafreundlich umgebaut und elektrisch miteinander verbunden. Dadurch benötigte Apportin nur einen Stromanschluss für alle Häuser. Zwei Gebäude hat Apportin als Passivhäuser ausgebaut. Sie beziehen den größten Teil ihres Wärmebedarfs aus Sonneneinstrahlung sowie der Abwärme von Personen und technischen Geräten. Mittlerweile produziert Apportin mehr Strom als er verbraucht: Zwei Blockheizkraftwerke produzieren mit einem Gasmotor umweltfreundlichen Strom. Die dadurch entstehende Wärme nutzt Apportin zum Heizen. Da die Blockheizkraftwerke jedoch immer dieselbe Menge Energie produzieren, die Hausbewohner jedoch zu Spitzenzeiten mehr benötigen, hat Apportin zusätzlich zwei Brennstoffzellen eingebaut. „Dadurch produziere ich jetzt mehr Strom als die Mieter in allen Häusern verbrauchen“, freut sich der Laatzener. Einen Teil der überschüssigen Energie speichert er in zwei Akkuspeichern. Aufgrund der vielen Energie, die der Grasdorfer produziert, habe sogar schon der Netzbetreiber Tennet bei ihm angeklopft und wollte ein Entgelt für die Nutzung des Netzes wie von großen stromerzeugenden Unternehmen kassieren, erzählt Apportin. Dies habe er aber abwenden können. Mieter verpflichten sich zum Stromsparen: Zusätzlich zur klimafreundlichen Energieerzeugung werden alle 30 Toilettenspülungen und Waschmaschinen in den Häusern mit Regenwasser betrieben. Dazu hat Apportin eine unterirdische Zisterne gebaut, die 18.000 Liter Regenwasser speichern kann. Außerdem müssen sich die Mieter dazu verpflichten, Strom zu sparen. Sie dürfen nur energiesparende Elektrogeräte der höchsten Energieeffizienzklasse A+++ und umweltfreundliche LEDs für ihre Lampen verwenden. „Dies ist im Mietvertrag festgehalten“, sagt Apportin. Dafür erhalten alle Mieter kostenlosen Strom. Das Konzept komme sehr gut an. „Unsere zehn festen Mieter verbrauchen nur den Strom von vier Haushalten“, freut sich der Grünen-Ratsherr. Um die Umwelt zu schonen, nutzt er außerdem meistens das Fahrrad. Und falls er doch einmal ein Auto braucht, fährt er seit 1984 mit einer Elektrovariante, die natürlich auch mit dem selbst erzeugten Strom betrieben wird. Seine Art der Stromerzeugung sieht Apportin als Konzept der Zukunft. Jede Stromwandlung bringe Verluste mit sich – in den Netzen der großen Stromanbieter gingen rund 70 bis 80 Prozent der Energie verloren. „Eine dezentrale Stromerzeugung ist daher wesentlich umweltfreundlicher und effizienter“, sagt Apportin. Laut einer Umfrage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV) haben 2013 sechs Prozent der Verbraucher ihren eigenen Strom produziert. Weitere 41 Prozent gaben an, dass sie dies ebenfalls gerne tun würden, aber die Ausgaben für die Technik scheuten. Energieexperte Gerd Apportin gibt einfache Tipps, wie auch mit wenig Geld Stromkosten gesenkt und etwas für die Umwelt getan werden kann: – Elektrogeräte verbrauchen auch im Standby-Modus Strom. Daher besser komplett ausschalten. – Als Leuchtmittel ausschließlich LEDs verwenden. Sie haben eine hohe Lichtausbeute und einen geringen Energieverbrauch. – Lampen im Flur mit Bewegungsmeldern ausstatten. So kann ein versehentliches Brennenlassen der Lampe verhindert werden. – Neue Elektrogeräte nur mit der höchsten Energieeffizienz A+++ kaufen. Sie verbrauchen wesentlich weniger Strom. – Ab etwa 400 Euro können auch Mieter ihren eigenen Strom erzeugen. Für Balkone und Terrassen gibt es günstige Mini-Solaranlagen. Die Energie kann für den Betrieb der eigenen Elektrogeräte verwendet werden. Die leicht auf- und abbaubaren Anlagen waren lange in Deutschland nicht erlaubt. Das hat sich aber mittlerweile geändert. zer Weiterlesen: Jeder Fünfte spendet im Leine-Center erstmals Blut Gleidinger stehen bei der Post des Öfteren vor verschlossener Tür Von Stephanie Zerm