Coronavirus: IGS-Abiturjahrgang schreibt an Minister Tonne

Der Abiturjahrgang der IGS Langenhagen ist sauer – und er hat Fragen. Gleich 20 davon hat Schülerin Sarina Böker im Namen ihrer Klassenstufe jetzt in einem offenen Brief zusammengetragen und an einen fast ebenso langen Verteiler geschickt: Zu den Adressaten gehören neben Kultusminister Grant Hendrik Tonne auch Schulleiter Timo Heiken, Langenhagens Bürgermeister Mirko Heuer sowie Lehrkräfte, Dezernenten und die Elternschaft. Die Botschaft des insgesamt fünf Seiten umfassenden Briefes ist klar: So wie das Abitur für dieses Jahr geplant ist, ist es Grund für vielen Sorgen und Ängste. Länger noch, als die vielen zusammengetragenen fehlenden Informationen der Schülerschaft zu lesen, wird es dauern, bis Böker und ihr Jahrgang Antworten erhalten. „Ich habe den Brief jetzt erst einmal lesen können“, sagte Heiken, „aber mehr, als dass der Brief auch viele hilfreiche Ansätze trägt, kann ich derzeit nicht sagen.“ Denn auch Heiken hat Fragen – unter anderem zu den vielen in den vergangenen Tagen über ihn hereingebrochenen neuen Regelungen, wie Schule in Corona-Zeiten zu organisieren ist. „Ich habe allerdings bereits am Montagmorgen mit dem Dezernenten darüber gesprochen. Wir werden jetzt in Ruhe versuchen, alle Antworten zusammenzutragen.“ Unverständnis für Verzicht auf Durchschnittsnoten: Für die Schüler gehört zu den ungeklärten Punkten vor allem die Ungerechtigkeit gegenüber anderen Bundesländern. „Wir verstehen nicht, warum es nicht möglich war, dass Deutschland, einheitlich für alle Bundesländer, dem Vorschlag von Schleswig-Holstein gefolgt ist, die Abschlussprüfungen auszusetzen und einen durchschnittlichen Notenwert zu errechnen, zum Schutze aller SchülerInnen und Lehrkräfte“, heißt es in dem Brief, den Böker auch dieser Zeitung geschickt hat. Schleswig-Holstein hatte sich dann dem bundesweiten Konsens angeschlossen, die Prüfungen trotz aller Widrigkeiten anzusetzen. Die Corona-Pandemie setze die Heranwachsenden unter enormen Stress, so Böker. Sie schildert in dem Brief sehr konkrete Probleme. Was tun, wenn Eltern im Altersheim arbeiteten? Wie gehe Schule mit einer möglichen zweiten Welle der Infektionen im Mai um? Lernzeit werde geraubt, wenn Kinder ihren selbstständig arbeitenden Eltern zur Hand gehen müssten, um Existenzängste zu lindern. Manche im Jahrgang überlegten, das Schuljahr zu wiederholen, weil sie Angst hätten, Risikopatienten anzustecken. „Ist das fair?“, heißt es in dem Brief. Jahrgang hat Angst – auch vor schlechteren Noten: Nicht nur fehlten dem Jahrgang bereits zwei Wochen Unterricht vor den Osterferien. Auch der digitale Ersatz habe versagt. Videokonferenzen scheiterten, weil in der damit ungeübten Gruppe „durcheinandergeredet wurde“. Vieles sei vor der Kamera nicht zu erkennen, oder das Internet versage „schlicht und einfach“. Zur Angst vor einer im Vergleich zu anderen Jahrgängen ohne derlei Beschwernisse schlechteren Note komme überdies die Trauer, um alle Motivationen und Belohnungen für die Anstrengung gebracht zu werden: Von der Mottowoche über den Abi-Scherz bis zum Abschlussball falle alles aus. Bürgermeister Mirko Heuer hat in einem Schreiben an Abiturientin Sarina Böker aufgezählt, was die Stadt als Schulträgerin zur Beruhigung beisteuern kann, beispielsweise wie Teeküchen, Waschräume und Oberflächen desinfiziert werden. Zudem stelle die Stadt für kommende Woche insbesondere an jenen Punkten, an denen sich kein Waschbecken befinde, Spender mit Handdesinfektionsmittel auf. Heuer bittet zugleich um Eigenschutz. Dazu zähle der Verzicht auf Gruppentreffen ebenso wie die Nutzung von Alltagsmasken. „Waschen Sie sich regelmäßig für mindestens 20 Sekunden die Hände – mit Wasser und Seife oder Mitteln auf Alkoholbasis“, schreibt Heuer mit Verweis auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. „Ich weiß, dass dies alles nicht Ihre Sorgen nimmt, hoffe aber, dass Sie zumindest mitnehmen, dass wir uns kümmern“, schreibt Heuer. Und: „Organisieren Sie innerhalb Ihrer Gemeinschaft schon jetzt eine Abi-Nachfeier – lassen Sie sich das nicht komplett entgehen.“ Das tägliche HAZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Hannover täglich gegen 6 Uhr im E-Mail-Postfach. Liveticker: Die Lage in Hannover und Niedersachsen im Überblick Aktuelle Zahlen zum Coronavirus in der Region Hannover: So viele Infizierte gibt es HAZ-Expertenforum: Das antworten Mediziner auf Leserfragen zum Virus Alle Artikel zum Coronavirus in der Region auf einen Blick So können Sie Geschäften, Gastronomie und Freiberuflern in der Region Hannover jetzt helfen Von Rebekka Neander